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Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution
Cornelia Hobohm
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projektes der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Beginnen wir unsere Spurensuche vom Ende her. Als Eugenie Marlitt am 22. Juni 1887 starb, wurde sie unter großem Anteil der Bevölkerung auf dem Alten Friedhof beigesetzt. Den Friedhof als aktive Begräbnisstätte gab es zu dieser Zeit schon nicht mehr, aber ihr als Ehrenbürgerin wurde das Recht zuerkannt, dort an der Seite ihres Vaters die letzte Ruhe zu finden. Die Grabkreuze für ihren Vater Ernst John und das »Fraülein Marlitt« – leider hat der Steinmetz bei der Restaurierung der Grabkreuze zu Beginn der 1990er Jahre die ä‑Pünktchen auf das u gesetzt und so für eine unfreiwillig heitere Note gesorgt – befinden sich an dem zur Wachsenburgallee gelegenen Ende des heutigen Parks.
Gleich daneben ist der von märkischen Heimatfreunden gestiftete Gedenkstein für Willibald Alexis zu finden. Alexis starb 1871 in Arnstadt; seit 1851 hatte sich der berühmte Berliner – der gebürtiger Breslauer war – mehrfach als Kurpatient im damaligen Solebad Arnstadt aufgehalten und wenig später das »Haus Lindeneck« für sich erworben. Nach einem ersten Schlaganfall wählte Alexis 1858 die Thüringische Kleinstadt als seinen ständigen Wohnsitz.
Wir bummeln durch die parkähnliche Anlage zurück in Richtung Altstadt und passieren dabei den Eingang zur Fürstengruft. Hier wurde auch die Fürstin Mathilde von Schwarzburg-Sondershausen beigesetzt – obgleich sie von Fürst Günther Friedrich Carl von Schwarzburg-Sondershausen seit dem Jahr 1852 geschieden war. Die Fürstin galt als kunstsinnig und erlangte als Mäzenin einen guten Ruf. Allerdings überstiegen ihre Ausgaben bei weitem die Einnahmen des winzig kleinen Fürstentums, was wiederum zu unüberbrückbaren Differenzen zwischen den Eheleuten führte. Die Marlitt war in der ersten Hälfte ihres Lebens mehrfach vom Schicksal der Fürstin abhängig: Zunächst wurde sie von ihr gefördert, erhielt eine exzellente Ausbildung als Opernsängerin – unter anderem für zwei Jahre in Wien – und konnte doch eine Stelle am Hof von Sondershausen nicht antreten, da die Scheidung der Fürstin auch die Kürzung ihres Kulturbudgets nach sich zog. Von 1853 bis 1863, zehn lange Jahre, war das Fräulein aus Arnstadt dann Gesellschafterin der Fürstin, begleitete die Ruhelose und zu Depressionen neigende durch den süd- und südwestdeutschen Raum. Als die finanziellen Mittel der Fürstin immer knapper werden, ist Eugenie John, so der bürgerliche Name der zukünftigen Autorin, ihr nicht mehr nur Vorleserin, sondern Haushaltshilfe, Krankenschwester, psychischer Beistand. Die Aufgaben überfordern die Kräfte der Thüringerin und sie entschließt sich, wieder in ihre Vaterstadt zurückzukehren: allein, ohne Broterwerb, ohne Ruhm, ohne Namen, hoffend auf die Aufnahme durch die Familie ihres Bruders.
Abb. 1, 3: Fotos: Jens-Fietje Dwars. Abb. 2, 4: Fotos: Jens Kirsten.
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