Personen
Johann Gottfried Gregorii (Melissantes)
Orte
Geburtshaus von Eugenie Marlitt
»Neues Palais« / Schlossmuseum Arnstadt
Thema
Detlef Ignasiak
Das literarische Thüringen, Bucha 2018.
Von allen Orten Thüringens wird Arnstadt am frühesten erwähnt. In einer Urkunde des fränkischen Herzogs Heden, die dieser 704 in Würzburg ausstellte, wird dem Utrechter Bischof Willibrord ein Hof in Arnstadt übereignet. Zu dieser Zeit gab es an der Stelle der heutigen Liebfrauenkirche »nächst dem Dom von Naumburg der bedeutendste Bau Thüringens aus dem 13. Jh.« (G. Dehio) bereits eine Kapelle. Im 13. Jahrhundert kam Arnstadt an die Schwarzburger, deren Besitz 1599 in zwei Linien aufgeteilt wurde. Arnstadt gehörte als Hauptort einer Oberherrschaft zu Schwarzburg-Sondershausen und war zeitweilig selbstständige Residenz, die ihre Glanzzeit unter Graf Anton Günther II. (1653–1716), Bruder des Sondershäuser Grafen Christian Wilhelm, der 1709 in den Fürstenstand erhoben wurde, erlebte. Er war Kunstsammler und Musikförderer. Zu seinem Organisten berief er den 18-jährigen Johann Sebastian Bach. Auguste Dorothea (1666–1751), eine Tochter Herzog Anton Ulrichs von Braunschweig-Wolfenbüttel (1633–1714), des berühmten Romanschriftstellers (»Die durchleuchtigste Syrerin Aramea«, 1669–73), überlebte ihren Gemahl um 35 Jahre. In dem von ihr erbauten (doch heute nicht mehr existierenden) Lustschloss Augustenburg schuf sie mit ihren Hofdamen die einzigartige, aus 82 Stuben bestehende Puppenstadt »Monplaisir«, in der sie das Leben aller Stände in ihrer Stadt und ihrer Epoche abbildet. Der österreichische Essayist Karl-Markus Gauß hat 2010 in dem Band »Im Wald der Metropolen« auch darüber geschrieben, die Gegenwart der Kleinstadt aber nicht vergessen. Die Händler auf dem Markt sahen für ihn aus, »als würden sie zäh und ausdauernd daran arbeiten, sich eine wachsende Armut zu erwirtschaften«, wobei sie »nichts anzubieten (hätten) als den Ramsch der Kulturindustrie«.
Zu den bedeutenden Schriftstellern, die mit Arnstadt in Verbindung stehen, gehört Crotus Rubianus (eig. Johannes Jäger), der um 1480 Dornheim bei Arnstadt geboren wurde. Martin Luther hielt sich 1506 oder 07 in Ordensangelegenheiten hier auf, das ihm wegen der rotbedachten Häuser wie eine »Schüssel gesottener Krebse mit Petersilie garniert« vorkam. Seine Wohnung nahm er im Franziskanerkloster bei der Oberkirche. Joachim Mörlin (6. 4. 1514 Wittenberg – 23. 5. 1571 Königsberg), ein wirkungsreicher Vertreter der Frühorthodoxie und Schüler Luthers und Melanchthons, war von 1540–1545 Superintendent in Arnstadt.
Nicodemus Lappius kam 1619 als Diakon nach Arnstadt, wo er ab 1629 als Schulinspektor und ab 1635 als Superintendent tätig war. Er war zu seiner Zeit die prägende geistige Figur in Arnstadt, wo die meisten seiner mehr als 40 Werke entstanden. 1663 starb er hier und wurde in der Oberkirche beigesetzt.
Johann Gottfried Olearius, ein theologischer Schriftsteller und Liederdichter undNeffe des Theologen Johannes Olearius wirkte 1688 als Superintendent in Arnstadt und war Dienstvorgesetzter von Johann Sebastian Bach. Sein Porträt findet sich in der Oberkirche, seine ehemalige Wohnung im Pfarrhof 10.
Christian Friedrich Timme, 1752 in Arnstadt geboren, war Autor von wenig erfolgreichen Dramen und moralisch-didaktischen Romanen. Der Dichter Valerius Wilhelm Neubeck, 1765 hier geboren, wirkte nach seinem Medizinstudium in Göttingen und Jena von 1788 bis 1789 als Arzt in seiner Vaterstadt. Sein Geburtshaus befindet sich am Markt 12.
Ludwig Bechstein war 1818–1822 in Arnstadt Apothekerlehrling, von 1822 bis 1824 Gehilfe in der Kühnschen Apotheke am Markt 12. Hier begann auch seine literarische Laufbahn mit den »Thüringischen Volksmährchen« (1823).
Willibald Alexis (eig. Georg Wilhelm Heinrich Häring), 1798 in Breslau geboren, starb 1871 in Arnstadt, wohin 1849 und 1850 zur Kur war und seit 53 allsommerlich einige Wochen verbracht hatte; 1858 übersiedelte er endgültig nach Arnstadt. Dem politisch Enttäuschten wurde Arnstadt Rückzugs- und Fluchtort. Nach einem zweiten Schlaganfall begann ein 11jähriges Siechtum. Seine Wohnung befand sich im Haus Lindeneck (vor dem Riedtor an der Lindenallee) am Alexisweg 2. Sein Grab befindet sich auf dem Alten Friedhof.
Eugenie Marlitt (eig. Eugenie John), geboren 1825 in Arnstadt, wo sie bis zu ihrem Tod 1887 lebte. Sie war eine der erfolgreichsten deutschen Romanautorinnen des 19. Jahrhunderts und auch Lyrikerin. Der Abdruck des Romans »Goldelse« (1866) führte bei den Berlinern dazu, dass sie die Victoria der sich im Bau befindlichen Siegessäule nach der Titelheldin des Romans nannten (und noch heute ohne das Hintergrundwissen so nennen). An ihrem Geburtshaus»Unter der Galerie« am Markt 12 findet sich heute eine Gedenktafel. Ihre Wohnungen befanden sich von 1863 bis 1868 in der Ritterstraße 11, von 1868 bis 1871 in der Plaueschen Straße 12, dann in der »Villa Marlittsheim« in der heutigen Marlittstraße 9. Ein Denkmal befindet sich auf dem Alten Friedhof.
Abb. 1: Ansichtskarte, um 1900 / Abb. 2: Foto Jens Kirsten / Abb. 3: Foto Jens-Fietje Dwars.
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