Tautenburg – Von der Sommerfrische zum Zufluchtsort
4 : Auf Einladung des Pfarrers hier – Joachim Ringelnatz und Helene Böhlau

Personen

Joachim Ringelnatz

Helene Böhlau

Ort

Pfarrhaus Tautenburg

Thema

Thüringen als Sommerfrische

Autor

Gerhard Schaumann

Gerhard Schaumann: Tautenburg bei Jena. Kulturgeschichte einer thüringischen Sommerfrische, quartus-Verlag, Bucha bei Jena 1999.

Pfar­rer Stöl­ten war nicht nur aktiv im Ver­schö­ne­rungs­ver­ein von Tau­ten­burg, son­dern lud auch Gäste in sein Haus, von denen er anneh­men durfte, daß sie sich als anre­gende Gesprächs­part­ner erwei­sen würden.
Über meh­rere Wochen war das die Schrift­stel­le­rin Helene Böhlau, die Toch­ter des bekann­ten Wei­ma­rer Ver­le­gers. Viel­leicht schrieb sie hier ihr ers­tes Buch, die »Novel­len«, die 1882 erschie­nen. Ihren ers­ten gro­ßen Erfolg hatte sie mit den »Rats­mä­del­ge­schich­ten«, die ein idyl­li­sches Bild vom wei­ma­ri­schen Stadt­le­ben in der spä­ten Goe­the­zeit ent­war­fen, wo sich bür­ger­li­che Welt und Hof zwang­los begeg­nen. Um die Jahr­hun­dert­wende war sie als eman­zi­pierte Frau­en­recht­le­rin in aller Munde, zumal mit ihrem Dop­pel­na­men Helene Böhlau/Madame Al Raschid Bey, unter dem sie Bücher wie »Das Recht der Mut­ter« (1896) und »Das Halb­tier« (1899) veröffentlichte.
Mit sei­nen Eltern und Geschwis­tern war auch Hans Böt­ti­cher, der spä­ter unter dem Namen Joa­chim Rin­gel­natz (1883–1934) hin­ter­grün­dige, tra­gi­ko­mi­sche Verse schrieb, nach Tau­ten­burg gekom­men. Sein in Jena gebo­re­ner Vater, Georg Böt­ti­cher (1849–1918), war mit Pfar­rer Stöl­ten bekannt, der seit 1886 in Frau­en­prieß­nitz war. Er taufte 1893 dort den damals Zehn­jäh­ri­gen zusam­men mit sei­nen Geschwistern.
Rin­gel­natz lässt in »Mein Leben bis zum Kriege« die Zeit der Som­mer­fe­rien wie­der auf­le­ben: »Ferien! Das Wort klang wie Frei­heit. Vater nahm uns da meist nach Thü­rin­gen mit. Durch die­ses, sein enge­res Hei­mat­land, führte er uns in herr­li­chen Wan­de­run­gen. Er wußte dabei ebenso lus­tig wie span­nend zu erzäh­len, und er kannte die Gegend und ihre Geschichte genau. Auch durf­ten wir uns genü­gend umher­tum­meln, Wolf­gang Steine suchend, ich Insek­ten, Schlan­gen und Eidech­sen fan­gend, Otti­lie Blu­men und Bee­ren pflückend.«
Wie nach­hal­tig für Rin­gel­natz des Erleb­nis Tau­ten­burg war, geht auch aus einem Brief vom 15. Januar 1909 an seine Schwes­ter Otti­lie her­vor: »Hof­fent­lich erholt Ihr Euch recht in dem herr­li­chen Tau­ten­burg. Ist es denn recht ver­än­dert? Macht ihr denn auch Aus­flüge nach Frau­en­prieß­nitz, wo wir Drei sei­ner­zeit geölt wur­den und nach Dorn­burg zum Schwäm­m­chen­bar­bier. Ach, es war doch eine herr­li­che Zeit damals, als wir das alles kennenlernten«.

 Tautenburg – Von der Sommerfrische zum Zufluchtsort:

  1. »Herr Hahnemann, der Hahn muß weg!«
  2. Endlich ist sie da. Lou Andreas-Salomé und Nietzsche im Pfarrhaus.
  3. Das Treffen aus Sicht von Lou Andreas-Salomé
  4. Auf Einladung des Pfarrers hier – Joachim Ringelnatz und Helene Böhlau
  5. Die ›fröhliche Wissenschaft‹ im Wald
  6. Reinhard Johannes Sorge - Auf der Suche nach Stille und Natur
  7. Tautenburg als Oase der Ruhe im Krieg – Ricarda Huch
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