Sidonia Hedwig Zäunemann – Wegbereiterin der Frauenemanzipation
1 : Ilmenau: Bergwerksstollen »Gottes Gabe« und »Johannesschacht«

Person

Sidonia Hedwig Zäunemann

Orte

Ilmenau

Angelroda

Plaue

Themen

Literarisches Thüringen um 1800

Weibliche Perspektiven

Autor

Jürgen M. Paasch

Thüringer Literaturrat e.V.

In Ilmenau ist Sido­nia Hed­wig Zäu­ne­mann häu­fig zu Gast. Ihre Schwes­ter, Mar­tha Pau­lina, lebt hier seit Juni 1735 mit ihrem Mann, dem aus Eis­le­ben stam­men­den Gott­fried Poly­carp Kunad. Der Sohn eines Super­in­ten­den­ten wird im Dezem­ber 1735 zum Ilmen­auer Berg­amts­phy­si­kus ernannt. Zäu­ne­mann applau­diert im Glück­wunsch­ge­dicht Die Gelehr­sam­keit, als das wahre Mit­tel, aus wel­chem Ehren‑Stellen zu erlan­gen − die Worte ver­feh­len ihre Wir­kung nicht. Kunad ist geschmei­chelt und öff­net sei­ner­seits der dich­ten­den Schwä­ge­rin bei deren Besu­chen in Ilmenau die Türen, durch die sie zu den Orten ihrer Wahl gelangt. Immer wie­der sieht sie nun die Schächte an der Sturm­heide und in Mar­tin­roda, besucht sie die Kup­fer­hütte, das Zechen­haus und das Berg­manns­glöck­chen (fälsch­lich Berg­manns­ka­pelle genannt). Mys­ti­sche Vor­stel­lun­gen, die sich um das Leben unter Tage ran­ken, tref­fen in Zäu­ne­manns Gedan­ken­welt auf Neu­gier, Wis­sens­durst und Gestaltungswillen.

1737 end­lich erfüllt sich ihr Wunsch, ihre Ideen­welt mit der Rea­li­tät abzu­glei­chen. Am Mor­gen des 23. Januar steigt sie in den Schacht »Got­tes Gabe« an der Ilmen­auer Sturmheide.

Wes­we­gen soll denn nicht ein Frauen=Bild auf Erden
Durch Leder, Licht und Fahrt ein küh­ner Berg­mann wer­den?
Auch diese That muß rühm­lich seyn!
Glück auf! ich fahre freu­dig ein.

Ihr müh­sa­mer Weg in die Tiefe und durch den Berg, die soge­nannte Gru­ben­fahrt, führt sie über 1.400m unter Tage durch nied­rige Schächte, deren Höhe zwi­schen 1,5 und 0,4m variiert.

Das aller­gröste Haus, der herr­lichste Pal­last
Wird war­lich nicht so
fest gegrün­det,
Als man den Berg gezim­mert fin­det.
Hier trägt ein fes­tes Holz die aller­schwerste
Last.

Eine Woche spä­ter, am 30. Januar, wie­der­holt sie ihr Aben­teuer im Johan­nes­schacht, dem Lebens­nerv des Ilmen­auer Berg­baus, der über 6.000 m von Mar­tin­roda nach Ilmenau vor­ge­trie­ben ist und die Grund­wäs­ser abführt. Die Zäu­ne­mann braucht keine fünf Wochen, ihre Ein­drü­cke in Lyrik zu gie­ßen, die auch noch die Son­der­spra­che des Berg­män­ni­schen auf­nimmt und anver­wan­delt. Am 5. März setzte sie mit den Ver­sen 467 und 468 den Schluss­punkt unter das Lang­ge­dicht Das Ilme­n­aui­sche Berg­werk / wie sol­ches den 23. und 30. Jen­ner des 1737. Jah­res befahren:

Ich schweige denn die Feder bricht,
Ja
 heut ist Fest; ich mache Schicht!

Zäu­ne­manns lite­ra­ri­sches Unter­neh­men war durch Her­zog Ernst August von Sachsen‑Weimar als domi­nus ter­ri­to­rii wohl­wol­lend befür­wor­tet und sogar mit einem beglei­ten­den Bergin­spek­tor ver­se­hen wor­den, der auch der Poe­tin zur Fahrt viel Glück und Gutes aus­zu­rich­ten hatte. Glück hatte sie durch­aus, denn nur zwei Jahre spä­ter ließ ein gro­ßer Was­ser­ein­bruch den Ilmen­auer Berg­bau für Jahr­zehnte unren­ta­bel erschei­nen. Ihr 22 Sei­ten star­kes Bänd­chen aber über­lebt, wird von Frey­berg erwähnt und von Voigt gelobt und fin­dest sich auch in Goe­thes Biblio­thek, der an der baro­cken Dich­tung mehr als liter­his­to­ri­sches oder gar geo­lo­gi­sches Inter­esse zeigt.

 Sidonia Hedwig Zäunemann – Wegbereiterin der Frauenemanzipation:

  1. Ilmenau: Bergwerksstollen »Gottes Gabe« und »Johannesschacht«
  2. Plaue: Neusisser Berg
  3. Plaue: Kirchhof Unserer Lieben Frau
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