Das Schloss in Wiesen – Der Balladendichter Börries Freiherr von Münchhausen in Windischleuba
3 : Der Dichter im »Dritten Reich«

Person

Börries Freiherr von Münchhausen

Orte

Windischleuba

Altenburg

Themen

Weimarer Republik

Thüringen im Nationalsozialismus

Autor

Ulrich Kaufmann

Dichters Worte - Dichters Orte: Von Goethe bis Gerlach. 30 Versuche, Glaux-Verlag, Jena 2007.

Der Dich­ter gehörte nach dem Januar 1933 zu den Unter­zeich­nern des Treue­ge­löb­nis­ses auf Adolf Hit­ler. Der »Wart­burg­krieg« gegen die Preu­ßi­sche Aka­de­mie der Künste sollte sich für ihren »heim­li­chen Gegen­spie­ler« (Mit­ten­zwei) gelohnt haben: Jetzt konnte der Frei­herr einen der durch Aus­schluss, Aus­tritt bzw. Emi­gra­tion frei gewor­de­nen Plätze in dem Gre­mium ein­neh­men, wel­ches nun­mehr »Deut­sche Aka­de­mie der Dich­tung« hieß. Zunächst trat er im Okto­ber 1933 mit der Schrift »Die neue Dich­tung« in Erschei­nung, einer Schmäh­schrift, die von 34 Zei­tun­gen nach­ge­druckt wurde. Unter ande­rem griff er hier den Arzt und Dich­ter Gott­fried Benn an, der als einer der weni­gen Expres­sio­nis­ten in der Aka­de­mie ver­blie­ben war. Öffent­lich stellte Münch­hau­sen das »Ari­er­tum« Benns in Frage.

1935 stand der Frei­herr von Münch­hau­sen als Sena­tor der Dich­ter-Aka­de­mie einer Kom­mis­sion vor, die dar­über zu befin­den hatte, wer das »beste« Wei­he­lied zur »Elf­ten Olym­piade« geschrie­ben habe. Die­ses Ehren­amt nahm der Dich­ter sehr ernst. Ein län­ge­res gut­ach­ter­li­ches Schrift­stück, wel­ches im Alten­bur­ger Archiv liegt, belegt dies.

Seit Mitte der drei­ßi­ger Jahre zog sich Münch­hau­sen mehr und mehr aus dem poli­ti­schen Tages­ge­schäft zurück. Wenn er das natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Sys­tem ver­tei­digte, so tat er dies nicht sel­ten wegen sei­ner Sozi­al­po­li­tik. 1937 erregte er Auf­se­hen, als er sich in einer Rezen­sion für ver­femte Autoren ein­setzte. Ande­rer­seits eli­mi­nierte er ältere lyri­sche Texte aus sei­nen Samm­lun­gen, die stoff­lich auf die jüdi­sche Kul­tur zurück­gin­gen. Münch­hau­sen war nach wie vor ein gefrag­ter Publi­zist und Vor­trags­red­ner. Nicht sel­ten, auch davon zeu­gen die Quel­len, sprach er vor der Hitlerjugend.

Aus Anlass sei­nes sieb­zigs­ten Geburts­ta­ges im März 1944 wurde Bör­ries von Münch­hau­sen mit Ehrun­gen über­häuft. Die Stadt Alten­burg ernannte den Frei­her­ren zu ihrem Ehren­bür­ger. Im Jahre 1999, anläss­lich sei­nes 125. Geburts­ta­ges, fei­erte die Stadt ihren Ehren­bür­ger durch eine Aus­stel­lung im Schloss sowie eine Fest­ver­an­stal­tung im »Dich­ter­haus« Win­disch­leuba. Auch eine Straße wurde nach dem Bal­la­den­dich­ter benannt.

Sein schma­les Gesamt­werk erschien in den Jah­ren 1950–1953 in einer zwei­bän­di­gen Aus­wahl in Stutt­gart. Bis Mitte der sech­zi­ger Jahre des vori­gen Jahr­hun­derts waren Münch­hau­sens Bal­la­den in Lese­bü­chern der alten Bun­des­re­pu­blik nicht sel­ten zu fin­den. Danach gerie­ten die Texte und ihr Autor wei­test­ge­hend in Ver­ges­sen­heit. Mar­cel Reich-Rani­cki brachte den Frei­her­ren von Münch­hau­sen erneut ins Gespräch, als er zwei sei­ner Bal­la­den in den viel­dis­ku­tier­ten Lite­ra­tur-Kanon auf­nahm. Der Dich­ter­nach­lass, der bis 1991 im Archiv der Jenaer Uni­ver­si­tät lag, befin­det sich nun­mehr in Göttingen.

 

 Das Schloss in Wiesen – Der Balladendichter Börries Freiherr von Münchhausen in Windischleuba:

  1. Windischleuba als literarische Landschaft
  2. Die Idee einer »Deutschen Dichterakademie«
  3. Der Dichter im »Dritten Reich«
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