Arnstadt

Von allen Orten Thü­rin­gens wird Arn­stadt am frü­hes­ten erwähnt. In einer Urkunde des frän­ki­schen Her­zogs Heden, die die­ser 704 in Würz­burg aus­stellte, wird dem Utrech­ter Bischof Wil­li­brord ein Hof in Arn­stadt über­eig­net. Zu die­ser Zeit gab es an der Stelle der heu­ti­gen Lieb­frau­en­kir­che »nächst dem Dom von Naum­burg der bedeu­tendste Bau Thü­rin­gens aus dem 13. Jh.« (G. Dehio) bereits eine Kapelle. Im 13. Jahr­hun­dert kam Arn­stadt an die Schwarz­bur­ger, deren Besitz 1599 in zwei Linien auf­ge­teilt wurde. Arn­stadt gehörte als Haupt­ort einer Ober­herr­schaft zu Schwarz­burg-Son­ders­hau­sen und war zeit­wei­lig selbst­stän­dige Resi­denz, die ihre Glanz­zeit unter Graf Anton Gün­ther II. (1653–1716), Bru­der des Son­ders­häu­ser Gra­fen Chris­tian Wil­helm, der 1709 in den Fürs­ten­stand erho­ben wurde, erlebte. Er war Kunst­samm­ler und Musik­för­de­rer. Zu sei­nem Orga­nis­ten berief er den 18-jäh­ri­gen Johann Sebas­tian Bach. Auguste Doro­thea (1666–1751), eine Toch­ter Her­zog Anton Ulrichs von Braun­schweig-Wol­fen­büt­tel (1633–1714), des berühm­ten Roman­schrift­stel­lers (»Die durch­leuch­tigste Syre­rin Ara­mea«, 1669–73), über­lebte ihren Gemahl um 35 Jahre. In dem von ihr erbau­ten (doch heute nicht mehr exis­tie­ren­den) Lust­schloss Augus­ten­burg schuf sie mit ihren Hof­da­men die ein­zig­ar­tige, aus 82 Stu­ben bestehende Pup­pen­stadt »Mon­p­lai­sir«, in der sie das Leben aller Stände in ihrer Stadt und ihrer Epo­che abbil­det. Der öster­rei­chi­sche Essay­ist Karl-Mar­kus Gauß hat 2010 in dem Band »Im Wald der Metro­po­len« auch dar­über geschrie­ben, die Gegen­wart der Klein­stadt aber nicht ver­ges­sen. Die Händ­ler auf dem Markt sahen für ihn aus, »als wür­den sie zäh und aus­dau­ernd daran arbei­ten, sich eine wach­sende Armut zu erwirt­schaf­ten«, wobei sie »nichts anzu­bie­ten (hät­ten) als den Ramsch der Kulturindustrie«.

Zu den bedeu­ten­den Schrift­stel­lern, die mit Arn­stadt in Ver­bin­dung ste­hen, gehört Cro­tus Rubia­nus (eig. Johan­nes Jäger), der um 1480 Dorn­heim bei Arn­stadt gebo­ren wurde. Mar­tin Luther hielt sich 1506 oder 07 in Ordens­an­ge­le­gen­hei­ten hier auf, das ihm wegen der rot­be­dach­ten Häu­ser wie eine »Schüs­sel gesot­te­ner Krebse mit Peter­si­lie gar­niert« vor­kam. Seine Woh­nung nahm er im Fran­zis­ka­ner­klos­ter bei der Ober­kir­che. Joa­chim Mör­lin (6. 4. 1514 Wit­ten­berg – 23. 5. 1571 Königs­berg), ein wir­kungs­rei­cher Ver­tre­ter der Früh­or­tho­do­xie und Schü­ler Luthers und Melan­chthons, war von 1540–1545 Super­in­ten­dent in Arnstadt.

Nicode­mus Lap­pius kam 1619 als Dia­kon nach Arn­stadt, wo er ab 1629 als Schul­in­spek­tor und ab 1635 als Super­in­ten­dent tätig war. Er war zu sei­ner Zeit die prä­gende geis­tige Figur in Arn­stadt, wo die meis­ten sei­ner mehr als 40 Werke ent­stan­den. 1663 starb er hier und wurde in der Ober­kir­che beigesetzt.

Johann Gott­fried Ole­a­rius, ein theo­lo­gi­scher Schrift­stel­ler und Lie­der­dich­ter und­Neffe des Theo­lo­gen Johan­nes Ole­a­rius wirkte 1688 als Super­in­ten­dent in Arn­stadt und war Dienst­vor­ge­setz­ter von Johann Sebas­tian Bach. Sein Por­trät fin­det sich in der Ober­kir­che, seine ehe­ma­lige Woh­nung im Pfarr­hof 10.

Chris­tian Fried­rich Timme, 1752 in Arn­stadt gebo­ren, war Autor von wenig erfolg­rei­chen Dra­men und mora­lisch-didak­ti­schen Roma­nen. Der Dich­ter Vale­rius Wil­helm Neu­beck, 1765 hier gebo­ren, wirkte nach sei­nem Medi­zin­stu­dium in Göt­tin­gen und Jena von 1788 bis 1789 als Arzt in sei­ner Vater­stadt. Sein Geburts­haus befin­det sich am Markt 12.

Lud­wig Bech­stein war 1818–1822 in Arn­stadt Apo­the­ker­lehr­ling, von 1822 bis 1824 Gehilfe in der Kühnschen Apo­theke am Markt 12. Hier begann auch seine lite­ra­ri­sche Lauf­bahn mit den »Thü­rin­gi­schen Volks­mähr­chen« (1823).

Wil­li­bald Alexis (eig. Georg Wil­helm Hein­rich Häring), 1798 in Bres­lau gebo­ren, starb 1871 in Arn­stadt, wohin 1849 und 1850 zur Kur war und seit 53 all­som­mer­lich einige Wochen ver­bracht hatte; 1858 über­sie­delte er end­gül­tig nach Arn­stadt. Dem poli­tisch Ent­täusch­ten wurde Arn­stadt Rück­zugs- und Flucht­ort. Nach einem zwei­ten Schlag­an­fall begann ein 11jähriges Siech­tum. Seine Woh­nung befand sich im Haus Linden­eck (vor dem Ried­tor an der Lin­den­al­lee) am Alexis­weg 2. Sein Grab befin­det sich auf dem Alten Friedhof.

Euge­nie Mar­litt (eig. Euge­nie John), gebo­ren 1825 in Arn­stadt, wo sie bis zu ihrem Tod 1887 lebte. Sie war eine der erfolg­reichs­ten deut­schen Roman­au­torin­nen des 19. Jahr­hun­derts und auch Lyri­ke­rin. Der Abdruck des Romans »Gol­delse« (1866) führte bei den Ber­li­nern dazu, dass sie die Vic­to­ria der sich im Bau befind­li­chen Sie­ges­säule nach der Titel­hel­din des Romans nann­ten (und noch heute ohne das Hin­ter­grund­wis­sen so nen­nen). An ihrem Geburtshaus»Unter der Gale­rie« am Markt 12 fin­det sich heute eine Gedenk­ta­fel. Ihre Woh­nun­gen befan­den sich von 1863 bis 1868 in der Rit­ter­straße 11, von 1868 bis 1871 in der Plau­eschen Straße 12, dann in der »Villa Mar­litts­heim« in der heu­ti­gen Mar­litt­straße 9. Ein Denk­mal befin­det sich auf dem Alten Friedhof.

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