Lokation
Allerheiligenstraße 20
99084 Erfurt
Personen
Artikel
Engelsburg – Allerheiligenstraße 20
Zugehörige Gemeinde
Gebiet
Literarische Gedenkorte in Thüringen
Weiterführende Informationen
Haus »Zur Engelsburg« in Erfurt
Detlef Ignasiak
Das literarische Thüringen, Bucha 2014.
Das Haus in der Allerheiligenstraße 20 wurde um 1400 auf dem Gelände eines Hospitals von dem Patrizier Johann von Allenblumen erbaut. Als sogenannter »Vicedominus« war er einer der höchsten mainzischen Beamten in der Stadt. Sein Wappen ziert noch heute das Tor zur Allerheiligenstraße 20. 1510 kam der Kaufmann Hans Speter in den Besitz des Anwesens, dessen Schwiegersohn (E. Cordus: »Besser eine Ehefrau als eine Dirne«) und Mitbewohner fünf Jahre später Helius Eobanus Hessus wurde. Bald darauf muss der aus dem Erzgebirge stammende Bergwerksbesitzer und Arzt Georg Sturtz (1490–1548) das Haus gekauft haben. Obwohl er anfangs nur selten in Erfurt weilte, unterstütze er Wissenschaften und Musen, was den bei Eobanus Hessus verkehrenden Humanisten zu gute kam, besaß doch kaum einer von ihnen Reichtümer. Auch den ungezwungenen Lebensstil des »rex poetarum« mit den stadtbekannten Trinkgelagen scheint Sturtz unterstützt zu haben.
Nach Eobanus Hessus‹ Rückkehr 1514 aus Preußen hatte sich um ihn ein Humanistenzirkel, der »Zweite Mutianische Kreis« gebildet, zu dem neben Mutian, der allerdings selten von Gotha herüberkam, vor allem Crotus Rubianus, Peter Eberbach und Euricius Cordus gehörten. In dem Zimmer hinter dem Erker sollen sie sich spätmorgens oder frühnachmittags nach der Vorlesung zusammengefunden haben. Man diskutierte die neuesten Bücher und verspottete manchen Autor, dichtete selbst, oft aus dem Stegreif, ließ den Pokal kreisen und ergötzte sich an den gerissenen Zoten. Immer waren sie sich in dieser elitären Männerrunde ihres hohen Standes bewusst, in den sie durch ihre humanistische Bildung gekommen waren. Nach 1521, als viele Humanisten Erfurt verließen, wurde es in der »Engelsburg« ruhiger. 1526 ging auch Eobanus Hessus.
Georg Sturtz nutzte das Haus für seine große Familie und seine Gäste. Am 4./5. 3. 1537 war der todkranke Martin Luther zu Gast in seinem Haus. Nach dem Tod von Sturtz wechselte die »Engelsburg« immer wieder den Besitzer. Ihre Nebengebäude verfielen oder wurden für verschiedene Nutzungen umgebaut. Am größten waren die Veränderungen nach 1762, als in den Häusern eine Tabakfabrik eingerichtet wurde, die bis 1925 existierte. Danach ging das Haus in den Besitz der Stadt über, die es vermietete, Teile aber auch verfallen ließ, bis diese 1952 abgebrochen werden mussten. Erst 1964 erfolgte eine Sicherung des Gebäudes, in das ein Studentenklub einzog, später auch die öffentliche Gastronomie.
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