Volker Müller – »Reussenträume. Zwölf Stücke«

Ort

Greiz

Thema

Gelesen & Wiedergelesen

Autor

Jo Fried

Erstdruck: Palmbaum 2/2022. Alle Rechte beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Jo Fried

Kein Goe­the in Greiz

 

Lyri­ker, Autoren von Erzäh­lun­gen und Roma­nen, davon gibt es viele in Thü­rin­gen. Doch an Thea­ter­stü­cke wagen sich nur wenige. Vol­ker Mül­ler gehört zu den Mutigen.

Neben Feuil­le­tons, Essays, Gedich­ten und Prosa hat er auch Sze­ni­sches ver­fasst. Eine Samm­lung von zwölf sei­ner Stü­cke ist 2021 unter dem Titel Reus­sen­träume erschie­nen. Ein Band mit über 400 Sei­ten. Auch wenn Schau­spiele gespielt und geschaut sein wol­len, ist das Lesen keine Qual. Die Stoffe sind viel­fäl­tig, die For­men ebenso und die Spra­che lebendig.

Die Spann­breite reicht vom durch­aus ernst gemein­ten Zeit­stück bis zum der­ben Schwank. Das durch­gän­gige Grund­thema, das sie alle vari­ie­ren, sind Schick­sale von Kunst, Künst­lern und Kul­tur in den Sach­zwän­gen ihrer Zeit. Wir ahnen: Ihre Spiel­räume wer­den immer klei­ner, wenn sie nicht für Unter­halt und Unter­hal­tung sorgen.

Unter dem Slo­gan Eine neue Zeit bricht an rumort der Fusi­ons­fu­ror: Thea­ter und Orches­ter wer­den fröh­lich fusio­niert, bis man spie­lend auf die Spie­len­den ver­zich­ten kann, weil sich quasi fah­rende Trup­pen jeder­zeit von jedem Ort her zu Gast­auf­trit­ten mie­ten las­sen. Siehe: das Neue ist das Uralte …

Ein berühm­ter Maler wird 70, ergo hofft die Stadt sei­ner Geburt, er möge sich ihrer besin­nen und ein wenig vom Glanz sei­nes Ruh­mes durch eine Stipp­vi­site daheim ver­brei­ten. Doch da fällt ihnen das kleine Bild ein, das vor der gro­ßen Zei­ten­wende einst im Zim­mer des Bür­ger­meis­ters hing: Junge mit Schmet­ter­ling hieß es, zau­ber­haft soll es gewe­sen sein, Bal­last der Geschichte, wie so vie­les nach eben jener Wende. Aus einem Kel­ler geret­tet hat es ein ande­rer Maler glei­chen Jahr­gangs, den nie­mand fei­ert, der für sich sel­ber malt, leben­dige Land­schaf­ten im Freien, wäh­rend die Bil­der des Stars immer blas­ser wer­den: „Viel zu viel Kunst …“

Am bemer­kens­wer­tes­ten ist wohl das Titel­stück: Reus­sen­träume. Der Fürst von Greiz träumt davon, Goe-the auf der Rück­reise aus Karls­bad an sei­nen Hof locken zu kön­nen, den „Apoll aus Wei­mar“, dies wäre seine größte Tat, von der man noch in tau­send Jah­ren sin­gen werde.

Lei­der erstickt diese schöne Spiel­idee in rhe­tho­ri­scher Über­trei­bung, bevor sie ihren Witz ent­fal­ten kann. Viel­leicht nimmt der Autor sich den Stoff noch ein­mal vor: er könnte sich für ein sub­li­mes Hör­spiel bes­tens eignen.

 

  • Vol­ker Mül­ler: Reus­sen­träume. Zwölf Stü­cke, Engels­dor­fer Ver­lag Leip­zig 2021. 
Diesen Artikel teilen:

Literaturland Thüringen‹ ist eine gemeinsame Initiative von
Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen · Thüringer Literaturrat e. V. · MDR-Figaro · MDR Thüringen – Das Radio

Gestaltung und Umsetzung XPDT : Marken & Kommunikation © 2011-2024 [XPDT.DE]
© Thüringer Literaturrat e.V. [http://www.thueringer-literaturrat.de]

URL dieser Seite: [https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/volker-mueller-reussentraeume-zwoelf-stuecke/]