Ein Schillerspaziergang in Rudolstadt
3 : Schillerstraße 25

Personen

Friedrich von Schiller

Johann Wolfgang von Goethe

Ort

Schillerhaus Rudolstadt

Thema

Literarisches Thüringen um 1800

Autor

Matthias Biskupek

Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projektes der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.

Und drin­nen wal­tet die züch­tige Hausfrau

 

»Kom­men Sie getrost her­ein – ist nicht Türe da und Tritt­stein?« Das hört sich jetzt nach Goe­the an und hat seine Bewandt­nis: Hier tra­fen sich die Geis­tes­he­roen zum ers­ten Male. Am 7. Sep­tem­ber 1788, kam Goe­the nach sei­nem lan­gen Ita­li­en­auf­ent­halt von Groß­koch­berg hier her­über. Ein­ge­fä­delt hat­ten das die Lengefeld-Schwestern.

Man betrug sich damals noch etwas steif zuein­an­der, die berühmte Dich­ter­freund­schaft begann erst Jahre spä­ter in Jena. Schil­ler schrieb, Goe­the wäre wie eine stolze Prüde, der man ein Kind machen müsste, um sie vor aller Welt zu demütigen.

Das heu­tige »Schil­ler­haus« beher­bergt das »Restau­rant Schil­ler« und den Kas­sen- und Ver­kaufs­raum des Muse­ums. Das Ober­ge­schoss ist ein Memo­ri­al­mu­seum – und ver­mut­lich in jenem Salon, wo man sich traf, ist jene erste Goe­the-Schil­ler-Begeg­nung in einer Video­in­stal­la­tion zu sehen – mit Augenzwinkern.

Zur Geschichte der Bewoh­ner in den aus­ge­hen­den acht­zi­ger Jah­ren des 18. Jahrhunderts:

Mama Louise Len­ge­feld, chère mère genannt, die nach­ma­lige Schil­ler­sche Schwie­ger­mama, war mit einem Forst­mann ver­hei­ra­tet, der aller­dings starb, als seine Töch­ter Caro­line – die ältere – und Char­lotte – die jün­gere – noch Kin­der waren. Die Fami­lie zog dar­auf­hin aus ihrem ange­stamm­ten Len­ge­feld­schen Hause (Sta­tion 10) aus und, nach­dem die ältere Schwes­ter Caro­line den Kam­mer­herrn von Beul­witz gehei­ra­tet hatte, in die­ses Haus. Vorn wohnte das junge kin­der­lose Ehe­paar, im hin­te­ren Teil – mit Blick auf die Gär­ten bis Volks­tedt (Sta­tion 14) – die Mama mit der ledi­gen Toch­ter Lotte.

Geheim­rat Beul­witz hatte oft aus­wärts zu tun – und seine Frau Caro­line vor allem Poe­sie in Busen und Kopf. Und andere Män­ner. Vor allem Män­ner mit Poe­sien – Schil­ler kam ihr also wie geru­fen. Es heißt ja, daß sie seine wahre Geliebte war. Immer­hin schrieb Schil­ler ihr im Sep­tem­ber 1788 ein Bil­let, das sie ver­ges­sen hatte, zu ver­nich­ten. »Ges­tern Abend blieb ich nicht mehr Herr mei­nes Thuns …« Das wird auch im Schil­ler­film »Die gelieb­ten Schwes­tern« als Haupt­in­diz her­an­ge­zo­gen, dass sie mit­ein­an­der eine durch­aus ero­ti­sche Bezie­hung hat­ten. Ob es auch eine sexu­elle war, dar­über darf wei­ter spe­ku­liert werden.

Caro­line, ver­hei­ra­tete Beul­witz, ließ sich 1794 schließ­lich schei­den. Wegen kör­per­li­chen Nicht­voll­zugs der Ehe. Zu der Zeit war sie schwan­ger – Ehe­mann Beul­witz seit Mona­ten nicht mehr in Rudol­stadt. Caro­line kam dann in der Schweiz nie­der, mit einem stram­men Kna­ben namens Adolph. Vater hät­ten sein gekonnt: Ein Kir­chen­ge­wal­ti­ger namens Karl von Dal­berg, zwei­tens ein Herr aus dem Bal­ti­kum, ein gewis­ser Gus­tav Beha­gel von Adlerskron, der kam immer als Lücken­bü­ßer – mit Ver­laub – in Betracht, platzte mal in Jena rein, mal im Schwä­bi­schen, wo immer Caro­line grad war. Mit grö­ße­rer Sicher­heit war es aber wohl, Wil­helm, der spä­te­ren Ehe­mann von Wolzo­gen. Bleibt noch Schil­ler. Was wie­derum der Film behauptet.

Es muss oft gereg­net haben, in die­sem Som­mer 1788. Doch Ver­liebte stört kein Wet­ter. Schil­ler hatte die bei­den rei­zen­den Schwes­tern im Kopf. Die eine reizte ihn – die andere reizte er. Ein Bei­spiel für den ver­trau­ten Umgang der drei mit­ein­an­der: Die bei­den Schwes­tern besa­ßen eine Katze »Tou­Tou«, die von den Schwes­tern natür­lich auf gut rudel­städ­tisch Dudu geru­fen wurde, was Schil­lern dann auch so auf­schrieb. DuDu.

 Ein Schillerspaziergang in Rudolstadt:

  1. »Wirtshaus zur Güldenen Gabel« – Schillerstraße/Ecke Marktstraße
  2. »Die Lengefeldschen Gartenhäuser« – August-Bebel-Straße neben dem Auktionshaus Wendl
  3. Schillerstraße 25
  4. Sitz des Greifenverlages von Karl Dietz zu Rudolstadt von 1921-1926 – Schillerstraße 41
  5. Strickschule, Weinbergstraße
  6. Baugrundstück Schlossaufgang II/III, Stift
  7. Altes Rathaus – Historische Bibliothek
  8. Schulplatz – Stadtbibliothek
  9. Stadtkirche »St. Andreas«
  10. Heisenhof – Lengefeldstraße 1 – Blick auf die Ludwigsburg
  11. Glockengießerei – Jenaische Straße 1
  12. Marktbrunnen
  13. Theatervorplatz
  14. Volkstedt: Kirche – Haus des Kantors Unbehaun – Büste auf der Schillershöhe
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