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Hotel »Weißer Hirsch« Schwarzburg
Thema
Romina Nikolić / Jan Volker Röhnert
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Während acht Tagen residieren Benn und Reiss im Schwarzburger Hotel »Weißer Hirsch«, durchstreifen per pedes, Bahn oder im Automobil das Schwarzatal, Goethes Ilmenau wird – »übrigens gehen hier Autobusse« – als erstes großes Ziel gleich am 31. August angesteuert, am 2. September sind sie in Saalfeld »mit dem Allgemeinauto«: »…die Stadt ist sehr reizend. Könnte in Tirol sein. Hatten wunderbares Sonnenwetter den ganzen Tag«, schreibt er an seine damalige Geliebte Ellinor Büller. Das Hotel und das Schwarzatalstädtchen bedürfen hingegen erst einmal der Eingewöhnung, wie aus dem einen Tag nach Ankunft, am 30. August, verfassten Brief an sie hervorgeht:
…der Blick von unsern Zimmern aus sehr prächtig, aber was wir sonst sahen, eine große Apotheke u. nicht durchaus preiswürdig. Der Kaffee heute früh sehr mies (o Else!), die Brötchen trocken… Die Stiefel schlecht geputzt, nur 1 Bier vom Faß, helles Tucher, das nicht besonders schmeckt. Gestern abend haben wir uns recht trostlos hier in den kärglichen Räumen herumgedrückt. Zu Unternehmungen im Dorf muß man nämlich herab u. dann wieder hinaufsteigen Oh. Oh.
Immerhin: »Geschlafen habe ich gut. Dunkles ruhiges Zimmer, angenehmes Bett. Das Hotel ist nicht voll, durchaus nicht. Spießiges Publikum, nicht elegant.« Gegenüber Paul Hindemith am gleichen Datum noch drastischer bezüglich der Unterkunft: »Das hier ist ein großer Reinfall. Rund heraus gesagt: teuer und schlecht. Richtiger Nepp. Na, es hat keinen Zweck, wieder zu packen u. abzusocken, also bleiben wir hier.« Eine weise Entscheidung, denn allmählich gewinnt er der Umgebung ihre Reize ab, so gut es aus der Perspektive der geliebten Berliner Flussebene eben geht: »Wenn das Wetter gut ist, laufen wir ordentlich. Heute Vormittag war herrliche Sonne u. wir marschierten zum Tripp(er)stein, keine große Sache 1 1/2 Stunden u. nicht sehr hoch: 570 m. Aber reizende Aussicht… Die Landschaft bleibt für mein Gefühl merkwürdig unmodern, eigentlich wie eine Dekoration zu Tannhäuser u. Melodramen«, schreibt er am 1. September an Ellinor Büller.
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