Corona heißt passenderweise die Königin der Seuchen, die uns seit Monaten regiert. Virologen und Epidemiologen bestimmen unseren Alltag. Gebannt studieren wir Krankheitsverläufe und Statistiken, saugen mit Andacht die ebenso nützlichen wie banalen Empfehlungen aller möglichen öffentlichen berufenen und weniger berufenen Instanzen auf: In die Armbeuge niesen, die Hände waschen und kein Klopapier klauen zum Beispiel. Und dann suchen wir natürlich nach Hoffnungsschimmern: Hilft Knoblauch? Schadet Ibuprofen? Wäre es nicht besser, wenn wir uns, koste es was es wolle, alle anstecken und zwar möglichst schnell? Bedeutet der Shutdown Selbstmord aus Angst vor dem Sterben? Schade, dass ausgerechnet in dieser Lage, wo wir das Gefühl haben, es hilft nur noch beten, sogar die Gottesdienste ausfallen.
Wie gesagt, an Verhaltensmaßregeln für den Krisen-Alltag fehlt es nicht. Was fehlt, ist das, was der Dichter Andreas Gryphius im 30-jährigen Krieg mit dem Wort »Seelen-Schatz« angesprochen hat. Es geht um den inneren Menschen. Um das, was die Statistiken nicht zeigen, und was uns doch am meisten bedrängt: Es geht um unsere Gefühle, um Angst und Mitleid und Mut und Trauer und die Balance dazwischen. Um die Kraft, unsere Geschichten von Liebe und Hass, von Glaube und Verzweiflung, von Träumen und Aufbrüchen, Niederlagen und Triumphen weiter zu erzählen. Um die Leidenschaft, gerade jetzt unsere Visionen von einem guten Leben zu prüfen, uns die Lust am Spiel des Lebens nicht nehmen zu lassen.
Von diesem zwielichtigen und unsicheren Terrain, das unser Leben jenseits des Zählbaren bestimmt, handelt die Literatur. Und deshalb haben wir uns überlegt, gerade jetzt mit dem Pfund zu wuchern, das wir in den letzten Jahren angesammelt haben und weiter sammeln. Also stellen wir in den nächsten Wochen jeden Tag ein Gedicht auf unsere Webseite. Gesprochen wird das »Gedicht des Tages« von den Autorinnen und Autoren selbst oder, wo es sich um ältere Texte handelt, von uns. Außerdem legen wir eine Reihe mit literarischen »Porträts & Podcasts« auf, in der in wechselndem Rhythmus kleine Lesungen, Interviews und Porträts veröffentlicht werden.
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