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Jens Kirsten
Thüringer Literaturrat / Abdruck des Textes mit freundlicher Genehmigung des Autors. / Erstdruck in »Thüringer Allgemeine« / »Thüringische Landeszeitung«, 21.05.2020.
Mord im Thüringer Kräutergarten
Von Jens Kirsten
Zu einem richtigen Krimi gehört mindestens eine Leiche. Allenfalls Melanie Raabe schafft es, ohne auszukommen, schon bei Andreas Pflüger liegen sie … zu Haufen, hätte ich fast gesagt, aber über Tote soll man nicht despektierlich reden und überhaupt mag ich nicht allzuviel darüber verlieren, wer in Julia Bruns Krimi „Letzter Ausstieg Thüringen“ warum zu Tode gekommen ist, denn dann verleide ich jedem Krimifan die Lektüre. Nur soviel sei verraten: große Teile des Thüringer Trinkwassers sind in Gefahr, Olitäten spielen eine nicht unerhebliche Rolle, die Handlung ist – richtig – im Thüringer Kräutergarten angesiedelt.
Unterhalb des Fröbelturmes liegen zwei Leichen kopfüber in einer Talsperre. „Die haben doch hoffentlich keine Bockwurst am Fröbelturm…“ höre ich Sie entsetzt ausrufen. Nicht doch! Wie Julia Bruns die Bemühungen der Thüringer Touristiker schildert, den Kräutergarten, der sich rund um Oberweißbach erstreckt, zu einer neuen Sommerfrische auszurufen, in der die Bahnhofsgaststätte der Oberweißbacher Bergbahn Bratwurst mit Kräuterpesto serviert, das bereitet höchstes Lesevergnügen. Wer nicht nur mit dem Zeigefinger über die Landkarte wandert, sondern selbst hinaus in die Thüringer Natur geht, weiß, wie herrlich diese zu jeder Jahreszeit ist, und wie trist das gastronomische Angebot waldauf, waldab.
Lokalkolorit ist für einen richtigen Thüringenkrimi so nötig wie der Senf (Bautzner, bitte!) auf der Bratwurst, nicht gegrillt, sondern gebraten. Denn, um mit Rudolf Hagelstange zu sprechen, heißt diese doch hierzulande seit Menschengedenken Roßbratwurst, zumindest spricht man sie so. Warum dauernd die Rede vom Genießen ist? Weil das im Roman eine zentrale Rolle spielt. Nebenbei: es sei jedem dringend empfohlen, keinen Zug in der Gegend ohne gültige Fahrkarte zu betreten, sonst könnte es ihm geschehen, dass er mit einer historischen Fahrkartenzange … ach schweigen wir, dann sind wir am wahrsten.
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