Wer war dieser Johann Karl (Carl) Wezel? Am 31. Oktober 1747 in Sondershausen geboren war der Dichter, Schriftsteller und Pädagoge der späten Aufklärung ein Zeitgenosse von Johann Wolfgang Goethe. Nach Reisen und Lebensstationen in Leipzig, Berlin, Sankt Petersburg, Paris, London und Wien kehrte er später wieder in seine Geburtsstadt zurück. Sein literarisches Werk ist heute nahezu vergessen; die literarische Exkursion versucht, die Spuren nachzuzeichnen, die heute in Sondershausen Zeugnis von dem berühmten Sohn der Stadt geben.
Wezel war in mancher Hinsicht ein besonderer Schriftsteller der damaligen Zeit. Er soll einer der ersten Autoren gewesen sein, die allein von ihrem Schreiben leben konnten, obwohl das relativ bewertet werden muss; am 28. Januar 1819 er starb völlig verarmt in seiner Geburtsstadt Sondershausen.
Einige seiner Bücher waren aber für die damalige Zeit große Erfolge, so vor allem »Hermann und Ulrike«. Trotzdem war er schon zu Lebzeiten fast vollkommen vergessen. 1837 widmete Hermann Marggraff in seiner Sammlung »Bücher und Menschen« dem »Sonderling von Sondershausen« einen längeren Essay, der jedoch nur ein vorübergehendes Schlaglicht auf Wezel setzte. Der Schriftsteller Arno Schmidt machte 1959 mit seinem eindrucksvollen Funkessay »Belphegor oder Wie ich euch hasse« erneut auf Wezel aufmerksam.
Zur DDR-Zeit beschäftigte man sich besonders in Sondershausen wieder mit Wezel. Der Johann Karl-Wezel-Arbeitskreis des Kulturbundes der DDR wurde gegründet. Von ihm wurde die Publikationsreihe »Neues aus der Wezel-Forschung« herausgegeben. Nach der deutschen Wiedervereinigung gründete sich in Sondershausen die Johann-Karl-Wezel-Gesellschaft, die bis 2014 bestand. Die Schriftenreihen beider Gesellschaften versammeln wertvolle Informationen und Hinweise auf Wezels Biographie und sein Werk, zudem enthalten sie zahlreiche historische Aufnahmen. Dr. Karl Krieghoff ist für die freundliche Unterstützung bei der Recherche zu danken.
Wezel schrieb Gedichte, Romane, Lustspiele und Satiren. Neben seinen literarischen Arbeiten leistete er einen eigenständigen Beitrag zur neuen Wissenschaft der Anthropologie, wodurch er sich wesentlich von zahlreichen seiner Zeitgenossen unterschied. Er kritisierte Ernst Platners philosophische Medizin, die sich noch auf metaphysische Auffassungen der Seele berief. Wezel selbst plädiert für ein neues, empirisch-psychologisches Verständnis der Seele. In seiner Pädagogik stand Wezel den Erziehungsideen des Dessauer Philanthropins nahe, wo die Erziehung des Menschen nicht nach der Vorstellung eines normierten, perfekten Ideals, sondern nach pragmatischen Gesichtspunkten zur Ausbildung einer individuellen Persönlichkeit verstanden wurde.
Trotz seines breiten Wirkens und seiner Bekanntheit zu Lebzeiten sind die Spuren von Wezel in der Stadt Sondershausen rar gesät und oft nur ungenau überliefert.
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