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Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution
Dieter Nolden
Dieter Nolden, Bielefeld 2016.
Als Franz Liszt (1811–1886) in Weimar lebte, eine Zeit in dem Haus Altenburg mit Fürstin Caroline zu Sayn-Wittgenstein wohnend (1848–1861), und ein weiteres Mal im Haus der Hofgärtnerei (1869–1886), bekamen dies auch die Weimarer Gasthöfe zu spüren. Liszts Gäste, seine Schüler und Schülerinnen nahmen dort Quartier und Liszt ging selbst gerne in den Gasthäusern Essen und Trinken. Oft werden in der Liszt-Literatur der Russische Hof und der Elephant erwähnt. Bislang unbekannt ist, dass tatsächlich ebenso oft der Garten und die Gaststätte im Hotel Chemnitius von Liszt und seinen Gästen und SchülerInnen aufgesucht wurde.
Das Hotel Chemnitius steht in Weimar, Geleitstraße 12a. Das Haus wurde 1792 errichtet und war ab 1880 Hotel. Im Wintergarten des Hotels Chemnitius befindet sich heute das Restaurant und Café Anno 1900. Im Hauptgebäude und einem benachbarten Haus befindet sich heute das Hotel Anna Amalia.
Über die Aufenthalte des Liszt-Kreises berichtet zum Bespiel Carl Lachmund (1857–1928), einer der später berühmten Liszt-Schüler, dass sich oft bis zu 30 Schülerinnen und Schüler aus allen Schichten der Gesellschaft nach dem Unterricht bei Liszt zwei- bis dreimal in der Woche an einem langen Tisch im Restaurant Chemnitius trafen, dort fröhlich feierten und Klatsch und Trasch austauschten. Oft nahm auch Meister Liszt an den Zusammenkünften teil. Dann standen der Meister und die jeweiligen musikalischen Erfahrungen im Vordergrund.[1]
Alle Beispiele aus der Liszt-Schüler-Literatur lassen sich hier nicht aufzählen, darum nur die folgenden:
Schon im Juni 1880 gab Liszt ein großes Diner mit über 20 Personen in der Gaststätte Chemnitius, an dem auch seine von ihm autorisierte Biographin Lina Ramann (1833–1912) und sein schon damals berühmtester Schüler Hans von Bülow (1830–1894) teilnahmen.[2]
Im Mai 1884 kam der 21-jährige Emil von Sauer (1862–1942) nach Weimar, um bei Liszt Klavier zu studieren. Auch dieser später sehr berühmte Pianist wohnte damals in einem Zimmer im Hotel Chemnitius. [3] Bei einem Treffen am 13. Juni 1884 versammelten sich 14 Schülerinnen und Schüler im Chemnitius in der großen Stube. [4]
Als an einem der letzten Julitage 1884 wieder einige SchülerInnen im Lokal Chemnitius saßen, diskutierten sie über die vielen Fotografien von Liszt und bedauerten, dass es kein Foto von ihm in seinem Arbeitszimmer gab. Als sie für den Fotografen gesorgt hatte, musste Liszt wegen der Belichtung 1 Minute lang still vor der Kamera sitzen und alle hatten ihren Spaß.[5]
Da der Schülerkreis in Weimer berüchtigt war für seine ausgefallenen und fröhlichen Feiern, darf man annehmen, dass es über die meisten Zusamenkünfte im Chemnitius keine Berichte gibt und man nur erahnen kann, was in dem historischen Garten und dem Lokal alles geschehen sein mag. Sicher haben viele der später berühmten Schülerinnen und Schüler aus den Jahren 1800–1886 im Lokal zum Essen und Trinken gesessen. Ganz bestimmt war die berühmte Liszt-Schülerin Martha Remmert (1853–1941) im Chemnitius, da sie sogar als eine in ganz Europa konzertierende Pianisten von 1872 bis 1895 in Weimar ihren Wohnsitz hatte.[6]
[1] Carl Lachmund: Mein Leben mit Franz Liszt. Aus dem Tagebuch eines Liszt-Schülers, Eschwege 1970, S. 69.
[2] Siehe Ramann 1885, S. 150.
[3] Siehe Sauer 1901, S. 162.
[4] Carl Lachmund: Mein Leben mit Franz Liszt. Aus dem Tagebuch eines Liszt-Schülers, Eschwege 1970, S. 273.
[5] Carl Lachmund: Mein Leben mit Franz Liszt. Aus dem Tagebuch eines Liszt-Schülers, Eschwege 1970, S. 288.
[6] Siehe Nolden 2016.
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