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Dietmar Ebert
Erstdruck in: Palmbaum 2/2022. Alle Rechte beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Gelesen von Dietmar Ebert
Holger Uske, geboren in Riesa, ist seit langem in Südthüringen beheimatet. Die Landschaft um Suhl mit den stürzenden Hänge(n) der Häuser, dem Licht überm Land, den Wänden aus Fels und den bewaldeten Bergen hat Eingang in seine Gedichte und Geschichten gefunden. Nach Erdfahrt (2011) und Nachtschrift (2015) liegt nun mit Windgras ein weiterer Gedichtband vor, in dem Holger Uske subtil immer neue Bereiche der äußeren und inneren Wirklichkeit erkundet. Seine Gedichte sind mit sechs Gouachen der in Oberalba (Rhön) lebenden Bildhauerin und Grafikerin Beate Debus kombiniert. Jede der Gouachen leitet eine der Gedichtgruppen ein, die mit Andere Farben, Über Deine Fluren, Widerstehen, Windgras, Lichtklippe und Ankommen im Tag überschrieben sind. Es sind die Farben und Formen, das Changieren zwischen Gegenständlichem und Abstraktem und die bisweilen an Gustav Klimt erinnernde Farbigkeit der von Beate Debus geschaffenen Gouachen, die Holger Uske faszinieren. Vor allem in seinen Landschafts- und Naturgedichten wie Halme, Dämmerung, Windgras und Letztes Licht entsteht der Eindruck, als setze er seine Worte mit feinem Pinselstrich. Neben diesen Gedichten sind es vor allem Farnfelder, Weg in den Park, Lichtklippen, Baum am Weg und Baum im Herbst, in denen das „Wunder des Schauens und Staunens“ (André Schinkel) lyrischen Ausdruck findet. Die Präzision der Wahl seiner Worte paart sich mit der Stimmigkeit ihres Klangs. So gelingt es Holger Uske, die Schönheit der von ihm durchmessenen und beschriebenen Natur- und Landschaftsräume in lyrische Bilder zu bannen.
Neben diesen Erkundungen der „äußeren Wirklichkeit“ gibt es fünf 21-teilige Erkundungsreisen in die „innere Wirklichkeit“. Sie sind mit Lauschen, Leugnen, Schweben, Gehen und Leuchten überschrieben. Es sind Selbstbefragungen und Selbstbeschreibungen, zweifelnd, tastend, ermutigend, bis immer deutlicher wird, dass unterschiedliche Voraussetzungen und Zustände poetischen Sprechens zum Ausdruck gebracht werden. Vielleicht ließe sich von Suchbewegungen und Erkenntniszuständen einer mit den Jahren gewachsenen lyrischen Stimme sprechen. Es ist diese in den letzten Jahren gereifte, natürlich gewachsene Stimme, die alle Gedichte des schmalen Bandes Windgras bestimmt. Gleichviel, ob sein lyrisches Ich ein konkretes Gegenüber anspricht, ob es Sinneseindrücke und Gefühle der geliebten Gefährtin anvertraut, es in die Tiefen seines Inneren und in die Geschehnisse seines Lebens eintaucht oder ob es in Dialog mit einem unbekannten „Du“ tritt, immer ist es ihm wichtig, das der Natur und dem menschlichen Leben Abgelauschte und Abgeschaute, mit leiser oder kräftiger Stimme im Gedicht zur Sprache zu bringen. Diese zugleich einfache und doch intensive Sprache lebt von ihren Bildern und Farbvaleurs. Sie hat etwas herbstlich Leuchtendes. Sie ist geerdet, bodenständig, in der Südthüringer Landschaft fest verwurzelt und verfügt zugleich über eine fast schwebende Leichtigkeit. Offenen Auges und Ohres durchmisst der Dichter die Wege seines Lebens und seiner Landschaft. In diesem Sinne erzählt Windgras von Aufbruch, innerer Einkehr, Erkundung eigener Herkunft, Selbstbefragung und ‑vergewisserung und zugleich von Wegen durch Fluren, Wiesen und Wälder, poetisch kulminierend auf einer Lichtklippe, ehe am Ende des Bandes das Ankommen im Tag gepriesen wird. Zu diesem Ankommen im Tag gehört die Zugewandtheit des Dichters zu sich selbst. Sie nimmt im letzten Gedicht des schmalen Bandes Windgras klar und bewegend poetische Gestalt an. Das Schlussgedicht Mir zugewandt schlägt den Bogen zurück zum Gedicht Einfach, mit dem der Band beginnt. Zwischen beiden ist ein weiter Bogen poetischen Sprechens gespannt. Holger Uskes Gedichte berühren uns durch ihren Wortklang, in dem sich, wie André Schinkel in seinem Nachsatz schreibt, Innigkeit, sprachliche Schlichtheit, Vehemenz und Klarheit zu lyrischer Schönheit vereinen.
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