Fritz Grünbaum – »Poesiealbum Nr. 389«

Person

Ulf Annel

Ort

Gedenkstätte Buchenwald

Thema

Gelesen & Wiedergelesen

Autor

Ulf Annel

Alle Rechte beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Ulf Annel

Poe­sie ohne Album

 

Das »Poe­sie­al­bum« war in der DDR eine Ver­bin­dung zur wei­ten Welt, zur inter­na­tio­na­len Lyrik­szene. Seit 1967 wurde die Viel­falt der Poe­sie in klei­nen Hef­ten auf­ge­blät­tert. Es fing an mit Brecht, setze sich fort mit Maja­kow­ski und Heine. Der Thü­rin­ger Autor Wulf Kirs­ten ver­öf­fent­lichte Gedichte in Num­mer 4. Die poli­ti­sche Wende schien der Lyrik­reihe den Gar­aus gemacht zu haben, aber der kleine, tap­fere Mär­ki­sche Ver­lag in Per­son des Ver­le­gers Dr. Anders ret­tete Idee und Reihe und führte die­selbe mitt­ler­weile bis an das 400. Heft heran.

Die Nr. 389 ist Fritz Grün­baum gewid­met. Der 1880 in Brünn gebo­rene Grün­baum war einer der bekann­tes­ten Ope­ret­ten­li­bret­tis­ten und Kaba­rett­con­fe­rén­ciers vor dem Ers­ten und zwi­schen den Welt­krie­gen in Wien und Ber­lin. Bis 1914 füllte er neun Bände mit sei­nen Wer­ken, zum Teil Büh­nen­ly­rik, mit der nun das »Poe­sie­al­bum 389« schnell gefüllt war. Darin die Zei­len: »Was nützt mir mein Geist, wenn mein Name mich schä­digt? / Ein Dich­ter, der Grün­baum heißt, ist schon erle­digt.« Nach dem deut­schen Ein­marsch in Öster­reich ver­suchte Grün­baum zu flie­hen, wurde aber an der Grenze zurück­ge­wie­sen. Die letz­ten Monate sei­nes Lebens war Grün­baum in den KZs Dachau und Buchen­wald ein­ge­sperrt. Er starb 1941 in Dachau.

Rudolf Nel­son, Ber­li­ner Chan­son­kom­po­nist und Thea­ter­lei­ter, über Grün­baum: » … ein ‚Feu­er­werk des Gehirns‘. Schiesst pau­sen­los seine Witz­ra­ke­ten und Bon­mots mit über­dreh­ter Logik ins über­raschte Par­kett. Famose Bega­bung! Viel zu schade für Wien.« In den Tex­ten Grün­baums mischen sich Witz und Trauer, Selbst­iro­nie und Kri­tik an den gesell­schaft­li­chen Umstän­den. Ein Mensch, ein Krea­ti­ver, ein deutsch­spra­chi­ger Künst­ler – wie so viele ermor­det oder vertrieben.

Grün­baum war auch Kunst­samm­ler. Eines der bis heute nicht resti­tu­ier­ten Bil­der, ein Gemälde von Egon Schiele, ziert das Cover des Lyrikheftes.

 

  • Fritz Grün­baum: Poe­sie­al­bum Nr. 389, Mär­ki­scher Ver­lag, Wil­helms­horst 2024, 5,00 €.
Diesen Artikel teilen:

Literaturland Thüringen‹ ist eine gemeinsame Initiative von
Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen · Thüringer Literaturrat e. V. · MDR-Figaro · MDR Thüringen – Das Radio

Gestaltung und Umsetzung XPDT : Marken & Kommunikation © 2011-2025 [XPDT.DE]
© Thüringer Literaturrat e.V. [http://www.thueringer-literaturrat.de]

URL dieser Seite: [https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/fritz-gruenbaum-poesiealbum-nr-389/]