Erwin Strittmatter in Thüringen
1 : »Bei Fuchs und Hase« – Der ›Edelhof‹ in Beulwitz

Person

Erwin Strittmatter

Ort

Beulwitz

Thema

Thüringen im Nationalsozialismus

Autor

Rebekka Jochem

Thüringer Literaturrat e.V.

1935 ent­deckte Erwin Stritt­mat­ter die Zucht von Klein­tie­ren für sich. Er bewarb sich um eine Stelle in dem Tier­park »Diwa« in Dins­la­ken, die er dank sei­nes aus­ge­schmück­ten Lebens­laufs (er gab an, Experte für die Zucht von Angora­ka­nin­chen zu sein) auch bekam. Zwar hielt es ihn in die­sem Tier­park nur für sechs Monate, doch er blieb der Zucht treu. Nach eini­gen unste­ten Jah­ren, in denen er oft Arbeits- und Wohn­platz wech­selte, trat er im Sep­tem­ber 1936 eine Beschäf­ti­gung bei den unver­hei­ra­te­ten Schwes­tern Hed­wig und Elsa Ruetz in Beul­witz in der Nähe von Saal­feld an. Ver­mut­lich folgte er sei­ner spä­te­ren Ehe­frau Wal­trud Kai­ser, die seine vorige Arbeit­ge­be­rin an den Edel­hof ver­mit­telt hatte. Bis Mai 1937 arbei­tete er nun auf dem ›Edel­hof‹ für die zwei Schwes­tern. Hed­wig und Elsa Ruetz waren Künst­le­rin­nen. Hed­wig zeich­nete, wäh­ren Elsa sang. Ver­mut­lich waren sie unkon­ven­tio­nelle Frauen mit einem Hang zum Extra­va­ganz. In ihrem Auf­trag baute Stritt­mat­ter gemein­sam mit Wal­traud Kai­ser zunächst eine Angora­ka­nin­chen-Zucht auf – in den Jah­ren vor dem zwei­ten Welt­krieg unge­wöhn­lich, die Tiere allein ihres Fel­les wegen zu züch­ten. Spä­ter erwei­terte sich Stritt­mat­ters Auf­ga­ben­be­reich und er wurde außer­dem der Chauf­feur und Gärt­ner der bei­den Schwestern.
Seine Zeit auf dem ›Edel­hof‹ ver­ar­bei­tete Erwin Stritt­mat­ter in sei­ner Erzäh­lung »Meine Freun­din Tina Babe« (Auf­bau-Ver­lag, 1978). Dort nennt der Ich-Erzäh­ler seine Arbeit­ge­be­rin­nen Eli­nor und Herma Rasunke. Sie wer­den als rei­che Jung­ge­sel­lin­nen beschrie­ben, die kein Auge für Geld haben. Auch seine Geliebte fin­det sich in der Geschichte, hier unter dem Namen Hecken­brau­nelle. Erwin Stritt­mat­ter erzählt, wie er durch seine Arbeit als Fah­rer Thü­rin­gen ken­nen lernt: »Sie schick­ten mich zum Bei­spiel nach Rudol­stadt um zarte Möh­ren, oder sie schick­ten mich nach Wei­mar, um eine beson­dere gute Sorte Thü­rin­ger Rot­wurst zu holen. Um Brat­wurst wurde ich nach Jena geschickt, weil die Flei­scher in Grot­ten­stadt sie zu sehr salzten.«
Im Gro­ßen und Gan­zen ging es Stritt­mat­ter wohl gut bei den Schwes­tern Ruetz. Er züch­tete Angora­ka­nin­chen, lebte in der Nähe sei­ner Gelieb­ten und er durfte die Biblio­thek sei­ner Arbeit­ge­be­rin­nen frei benut­zen – etwas, das dem ange­hen­den Schrift­stel­ler viel bedeu­tet haben muss. Den­noch kün­digte er 1937 seine Anstel­lung. Ein mög­li­cher Grund für die­sen Schritt könnte, wie Gün­ther Drom­mer in sei­ner Stritt­mat­ter-Bio­gra­phie »Des Lebens Spiel« schreibt, ein Ner­ven­zu­sam­men­bruch auf­grund einer Bezie­hungs­krise sein. Auch in »Meine Freun­din Tina Babe« ist das kom­pli­zierte Ver­hält­nis des Ich-Erzäh­lers zu sei­ner lau­nen­haf­ten Hecken­brau­nelle schließ­lich der Aus­lö­ser für den Hel­den, den ›Buchen­hof‹ zu verlassen.
Doch Stritt­mat­ter blieb in der Nähe des Hofes und sei­ner zukünf­ti­gen Frau. Er ver­dingte sich als zivi­ler Pfer­de­pfle­ger bei der Hee­res­stand­ort­ver­wal­tung in Saalfeld.

 Erwin Strittmatter in Thüringen:

  1. »Bei Fuchs und Hase« - Der ›Edelhof‹ in Beulwitz
  2. Saalfeld – Pferde und Versöhnung
  3. Hühnerzüchter auf dem Mühlgut Reschwitz
  4. Fabrikarbeiter bei der »Thüringischen Zellwolle A.G.«
  5. Familie Strittmatter im Haus »Saalwiesen 2«
  6. In der »Unteren Mauergasse« in Bad Blankenburg
  7. Rückkehr nach Saalfeld – Auf dem »Obstgut Gehlen«
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