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Landolf Scherzer
Alle Rechte beim Autor. Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors. Erstdruck in »Freies Wort« vom 9.5.2021.
Wie sehr wünschte ich mir, dass Peter Drescher den Titel seines ersten, 1977 erschienenen Buches, noch einmal selbst Realität werden lassen könnte: »Montag fang ich wieder an.« Anfangen mit einer neuen Geschichte, eines neuen Romans, einer detailgetreuen Schilderung des Lebens seiner Eltern, seiner Weggefährten und den Erinnerungen an sein eigenes Leben: vom Technischen Zeichner, Angestellten im Senftenberger Kohlerevier, Journalist und Buchhändler zum Autor.
19-mal hat er sich an seinen Schreibtischen mit den ersten Sätzen für seine Bücher gequält und beim Erscheinen freudig, aber immer leise und bescheiden, die neuen Titel präsentiert. 19 Bücher. Einige Titel die ich aufzähle könnten auch die Überschriften für das Leben, die Träume und Kämpfe des Autors Peter Drescher sein, der als Kind 1946 im tschechischen Böhmen geboren, mit seinen Eltern ausgesiedelt wurde, eine Lehre als Zeichner in Lauchhammer begann, als Volkskorrespondent für die »Lausitzer Rundschau« schrieb, erster Erzählungen verfasste… Aber dann durch eine Gehirntumoroperation und lange Rehabilitationszeit aus alldem herausgerissen wurde- sich ins Leben im wahrsten Sinne des Wortes zurück kämpfen und zurückschreiben musste. Also einige Peter Drescher Titel die, nach »Montag fange ich wieder an« Synonyme für ihn und sein Leben wurden: Leuchtturm. Wurzeln schlagen. Aus, vorbei! Auf der Flucht. Sieger im Abseits. Halbe Portion. Auf der Suche….
Die Helden in diesen, seinen Büchern sind oft behinderte Kinder, Gescheiterte, sich gegen das Schicksal Wehrende, Vertriebene, Kranke, Arbeiter und Arbeitslosen. In seinem vorletzten Buch dem 2018 erschienenen »Salzprärie«, beschreibt er den 24-Jährigen erfolglosen Journalisten Sebastian Pflugbeil der in Südthüringen mit geologischen Enthusiasten um 1890 hundert Meter tiefe Löcher in die Erde bohrte um das dort vermutete Kali zu finden. Sie wurden fündig. Diese Männer waren die Väter des Kalibergbaues in Südthüringen. Einer von ihnen, sein Romanheld, ist wie Peter Drescher sagte: »Mit seiner unsicheren, stillen Art ein wenig das Ebenbild von mir.«
Ja, besser kann man Peter Drescher nicht beschreiben. Nie um Aufmerksamkeit zu erheischen vorlaut und vorschnell, immer bescheiden, nie fordernd, aber auch für die kleinen freundlichen Gesten dankbar. So haben ihn die Schriftstellerkolleginnen und Kollegen kennengelernt, die vielen Leser und auch die Mitglieder des Werkkreises der Bad Salzungen Literaten, den er viele Jahrzehnte ehrenamtlich leitete. Auch die Bewohner seines Heimatortes Tiefenort, in das er 1994 aus dem schwarzen Kohlerevier in das weiße Kaligebiet gezogen ist, erlebten ihn so.
Peter Drescher hat in seinen Büchern auch die Traditionen, die Arbeit und die Heimatliebe der Tiefenorter wiedergegeben und damit ein Abbild von ihnen geschaffen. Jedes dieser Details sehr genau beschrieben. Und zu einem literarischen Panorama ihres Lebens gestern und heute zusammengefügt. Es sind Zeugnisse unermüdlichen Schaffens des stillen, bescheidenen und großartigen Schriftstellers.
Peter Drescher ist am 28 April 2021 in Tiefenort gestorben.
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