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Matthias Biskupek
Erstdruck in Palmbaum 1/2019.
Gelesen von Matthias Biskupek
Wenn man das schmale Debüt unter dem Namen Beate Bohn mitzählt, ist dies der 3. Gedichtband der in Bad Langensalza lebenden Dichterin und Töpferin. Nach einem Kunst- und Soziologiestudium in Jena und längerem Aufenthalt in Südamerika lebt – und engagiert – sie sich heute wieder in ihrer westthüringischen Heimat. Ihr erlernter Beruf findet sich nicht selten in Versen (»Wie kam ich zum Fluss? // Auf vorkragenden Ufern / die ein Töpfer mit Lehm / und feinen Engoben bestreicht.«). Auch die südamerikanischen Erlebnisse – geistig und real – schlagen sich nieder (»Bäumchen meiner Erde«, »Wie ein Schlüsselkind«). Manche Gedichte erinnern an Menschen und Lese-Erlebnisse, von Victor Jara bis Gisela Kraft, von Bobrowski und Wulf Kirsten bis Dieter Koethe, oder einfach nur für Andrea K. oder Peter. Die Dichterin spinnt sich ihr eigenes Netzwerk, schafft sich ihr eigenes Publikum (»Hah, ich will dir sagen wie / gern ich dich habe, Möwe, / Quadratlatsche, Erkenntnissack.«).
Dem Herausgeber Andre Schinkel fiel dies auf: »Die Vielzahl von Wandergebärden, von Begehungen, die wie Blicke einer Sache nachstreifen …« Eine ganze Abteilung heißt »Landschaft in Skizzen«. Wir können miterleben, wie die Künstlerin ihren geschulten Blick nutzt. Vielleicht aber ist es banausisch, wenn unsereinem Allgemeinplätze zwischen berührenden Zeilen auffallen (»Schönheit nämlich die / kommt doch eben auch / nicht von ungefähr«) und selbst im Titelgedicht, das wunderbar anhebt: »Am Fenster steh‘ ich ein anderes Feld / bei dir zu sein, ich lege uns ein / eine stille Minute. Schön« und fortfährt »steuert sie ihr Gefieder über den Strom«. Nicht, dass eine Minute ein Gefieder haben kann, stört mich – aber warum muss das Allerweltswort »schön« auch hier vorkommen? Im Band wird mir die Schönheit ohnehin etwas zu oft beschworen. Vielleicht aber ist dies einfach die Sehnsucht der Dichterin nach Klarheit, Berechenbarkeit nach der »Welt als Rückzugsort«.
Gedichte können auch äußerlich das Bleibende, vielleicht gar das konservative Element, verkörpern. Insofern passt es wunderbar, dass der Verlag diese Texte auf beige getöntem Papier vorlegt. Grelles Weiß deutet auf den alsbaldigen Verbrauch hin, der die book-on-demand-Kultur begleitet; hier bleibt den Wörtern, mit einem Begriff von Jens-Fietje Dwars zu sprechen, »Raum zum Atmen«.
Dass Beate Weston-Weidemann zu den Dichterinnen gehört, für die fortlaufende Textarbeit selbstverständlich ist, wird am Gedicht »Kein Eintrag« deutlich. Bereits im Debüt war es zu finden, in diesem Band jetzt wurde die konsequente Kleinschreibung aufgehoben – und eine Zeile entfernt, nämlich diese: »wer sagt, du sollst philister werden. bevor du schreiben darfst.« Hier schreibt eine nachdenkliche Frau, eine voller Skrupel, eine Künstlerin, die sich so versteht: »Ich lebe, ich / arbeite weiter an meinem Vlies. / Nur sage mir nicht, wie.«
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