Person
Gotthard Christian August Thieme
Orte
Thema
August Thieme
Nach einer handschriftlichen Fassung des Autors; transkribiert von Christoph von Wolzogen.
Die Audiofassung liest Bernhard Fischer.
der Frau Geheimrätin (Susanne) Schinkel
Mein alter lieber Freund, der Mond
Ließ heute abend mich zu Hause nicht;
Er goß sein Perlenmutterlicht
Dort auf die Pflanzung, wo im Halmendache
Der Oebster mit den Seinen wohnt,
Bei seiner Darre – bei der Feuerwache.
Ich sah noch jedes Blattes Form begränzt
So hell und klar in seinem Silberscheine;
Der Früchte Segen mir entgegen glänzt,
Der Zweige Last auf hundert Stützen ruht,
Und funkelt um mich her wie Edelsteine.
Die Aepfel glänzen wie Rubinenglut;
Es tropften einzeln, still herab zum Rasen
Die gelben Birnen wie Topasen,
Und blaue Pflaumen schienen Amethysten!
So herrlich malte sie der Mondenschein! –
Doch unterm Strohdach sangen arme Christen
Ein Nachtlied, um zusammen sich zu trösten,
Indeß der Wohlgeruch der Pflaumenrösten
Wie Opferrauch sich zog ins Tal hinein!
Ich kenne edle Frauen, wenn sie’s wüßten,
Wie dieser Armen Herz so schwer,
Weil sie für ihre Kinder hinterm Meer
Im Frühling suchen müssen fremde Küsten,
Sie gingen mit mir in die schöne Nacht,
Sie hülfen ihnen, sich zur Reise rüsten,
Sie freuten sich des Zauberspiels im Mond,
Sie kauften solcher Edelsteine Pracht
Dort, wo mein armer Oebster wohnt.
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