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Literarisches Thüringen um 1800
Ulrich Kaufmann
Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Zur Familie der Frommanns gehörte ihre Pflegetochter Wilhelmine »Minchen« Herzlieb (1789–1865), die gleichfalls aus Züllichau kam und die Tochter des dortigen, 1794 verstorbenen Superintendanten war. Sie entfloh aus einer 1821 geschlossenen unglücklichen Ehe mit dem Jenaer Juristen Karl Wilhelm Walch. Am Ende ihrer Tage lebte sie, geistig umnachtet, in einer Anstalt in Görlitz. In der Johannisstr. 16 erinnerte eine Gedenktafel an
»Minchen Herzlieb verheirate Walch * 1789 – +1865« (Gedenktafel verschollen)
Minchen als junge Frau hat man mit Schneewittchen verglichen und viele Gäste des Hauses schwärmten von ihr, bekanntermaßen auch Goethe. »Als sie ein Kind von acht Jahren war, fing ich an sie lieben, und ab ihrem sechzehnten liebte ich sie mehr als billig.« Die viel Bewunderte soll die von Entsagung und Leidenschaft getragene Zuneigung des »lieben alten Herren« 1807/1808 kaum bemerkt haben. Der Goethe-Biograf Rüdiger Safranski meint, die naive Schöne sei »etwas schwer von Begriff gewesen.« Seine Leidenschaft für Wilhemine konnte Goethe zügeln, indem er einen literarischen Wettstreit um das gelungenste Sonett mit dem Dichter und Frauenverführer Zacharias Werner (1768–1823) führte.
Literaturforscher glauben, in Goethes Stück »Pandora« (1807) und bei Ottilie aus seinem Roman »Die Wahlverwandtschaften« Züge von Minchen entdeckt zu haben.
In einem Gedicht spielt Goethe mit den beiden Silben ihres Familienamens »Herzlieb«:
Zwei Worte sind es, kurz, bequem zu sagen,
Die wir so oft mit holder Freude nennen,
Doch keineswegs die Dinge deutlich kennen,
Wovon sie eigentlich den Stempel tragen.
Mehr als zwei Jahrzehnte nach Wilhelmine Herzliebs Tod tauchte 1887 das erste und einzige Porträt dieser Frau auf. Noch immer fanden die Zeitzeugen des späten 19. Jahrhunderts pathetisch – schwärmerische Worte: »Anmuthig und thaufrisch sind die kindlich reinen Züge, die großen dunkelbraunen Augen schauen unschuldsvoll fragend drein…«
Abb.1: Gemälde von Louise Seidler (1786-1866). Abb.2,3: Foto Marie K. Gentzel.
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