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André Schinkel
Alle Rechte beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.
André Schinkel
Vor dem Neutor
Über dir schreit, o wund’re dich nicht, ein
Balkon-Kakadu in den Lüften … und das
Knirschen der alten Gemäuer verhallt im
Bronze-Geräusch, an das sich schwerlich
Jemand erinnert. Die Wegspur dreht sich,
Phyletisch, in den Stadtmagen hinein,
Worüber nun, dumpf, ein gläsernes Herz
Schlägt, die Turmuhr der Neuzeit – das
Ist, heißt es, der Atem der ‚Manufaktur‘.
Ja, und ist der Atem ‚des Geistes‘, von dem
Sich der Ort, ein Lichtpunkt zwischen den
Hügelketten, nun noch ein weiteres
Schock Jahre ernährt. Ins Tal geschnitten
Der Fluß, am Schatten des Neutors, an
Den Kreuzungen der Blicke vorbei, jenen
Hauben und Röcken, die sich wie Täler
An die Ufer legen: Der Fluß ist das Pfand,
Daß man hier bleibt, in den Höfen und
Spelunken, an den Triftreihen der Museen
Entlang. Schwärme von Kakadus, Loris,
Glaubt man, die über den Saalarm in die
Paradiesgärten entfliehn. Wo die Leutra
Anrinnt, ein Kakapo-Nest. Die Luft, zwischen
Häusern, Aue und Wald, eine fruchtweiche
Hyperbel, der Leib einer dunkelhaarigen
Frau. Zwischen Tor und Fluß, auf den Licht-
Trassen gen Süden, unter dem Schleichen
Des Monds, an den Lehmlecken der Aras
Rauscht unendlich Verkehr. Über der Stadt
Kreist, im Bronzeton des Stundenschlags
Aus einer anderen Zeit, der gläserne Zeiger.
Du wendest dich. Die Nachtlinie kommt.
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