Wolfgang Haak – »Wortlandschaften 2. Prosa-Gedichte«

Personen

Wolfgang Haak

Jens-Fietje Dwars

Orte

Weimar

Jena

Thema

Gelesen & Wiedergelesen

Autor

Jens-F. Dwars

Alle Rechte beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors. Erstdruck in: Palmbaum, Heft 2/2025.

Jens‑F. Dwars

Lyri­sche Prosaminiaturen

 

Vor einem Jahr erschien in der Edi­tion Muschel­kalk der Gedicht­band Ver­hal­tene Bot­schaft von Wolf­gang Haak. Ich gestand an die­ser Stelle, dass ich die lyri­sche Prosa des Autors mehr liebe als seine pro­sai­sche Lyrik. Der vor­lie­gende Band bestä­tigt mei­nen Ein­druck. Die Gedichte ent­zau­ber­ten die Welt mit lako­ni­schem Wort­witz, die Wort­land­schaf­ten ver­zau­bern sie mit fei­nen, oft skur­ri­len Momentaufnahmen.

Es sind Land­schaf­ten im dop­pel­ten Sinne: zunächst durch­aus reale, die Haak als Wan­de­rer durch­streift, vor allem die sei­ner Kind­heit, der Dör­fer rings um Jena. Dann aber wer­den sie durch feine, asso­zia­ti­ons­rei­che Um-Schrei­bun­gen zu Wort-Land­schaf­ten, dichte Sprach­ge­bilde, in die man sich, wie in einem Unter­holz vol­ler Dor­nen, zu ver­fan­gen droht, bis eine leichte Wen­dung wie­der hin­aus ins Offene, manch­mal auch auf lichte Höhen führt.

»Som­mer­grün, gera­der Wuchs, im Wind­hauch, der die Säu­len­kro­nen schwan­ken läßt«, so beginnt der Text Das Lächeln. Es geht um Pap­peln, die sich wie auf einer klei­nen, leicht­hän­dig hin­ge­wor­fe­nen Skizze, vor unse­ren Augen auf­rich­ten, »lom­bar­di­sche Schön­heit mit Sil­ber­blick« nennt sie Haak. Da erwar­tet der Leser, nach Ita­lien ent­führt zu wer­den. Doch die poe­ti­sche Pros­ami­nia­tur nimmt einen Schwenk ins Refle­xive: »Eine Holz­ta­fel mit den Maßen 77 mal 53 aus einem ihrer Stämme gesägt, trägt bis heute das Lächeln der La Gio­conda auf wei­chem Grund.« Ist je eine Pap­pel, ist die Pap­pel je schö­ner besun­gen wor­den als in die­ser Prosaminiatur?

Abrün­dig schön sind auch die Träume, in denen der Erzäh­ler seine Impres­sio­nen von Rom ver­webt. Am schöns­ten die Lie­bes­er­klä­rung an eine Röme­rin, die schnöde an ihm vor­bei­geht und der er frei nach Goe­the, ganz und gar poli­tisch inkor­rekt, nach­ruft: »… ich denk nicht frech, denke nicht nied­rig von dir. Aber gereuen soll es dich, daß du dich nicht schnell mir erge­ben hast«.

Mit fei­ner Iro­nie schil­dert Haak, wie das Alter ihn heim­sucht: »Eines Tages stand es hechelnd vor mei­ner Tür …« Das ist Weis­heit: das Unab­wend­bare anneh­men wie einen Freund. »Es ist außer­or­dent­lich treu und zuver­läs­sig, wird immer anhäng­li­cher. Da kann ich mich nicht bekla­gen. Manch­mal mache ich gym­nas­ti­sche Übun­gen, nur, um es zu ärgern.«

Und schließ­lich gibt es zwi­schen all der lyri­schen Prosa auch ein ech­tes Gedicht: »Nest // Die Taube auf dem Nest, zwei Eier weiß, / matt glän­zend unter ihrem war­men Leib. / Feder an Feder hocken zwei Krä­hen / bei­der­seits auf Tuch­füh­lung. / War­ten auf den Durch­bruch der Scha­len. / Hoff­nungs­los die Taube, hung­rig die Krä­hen, / alle ver­eint in stoi­scher Geduld.«

Nicht schön für die Taube, aber ein gutes, ein kraft­vol­les Gedicht.

 

  • Wolf­gang Haak: Wort­land­schaf­ten 2. Prosa-Gedichte, Axel Diel­mann-Ver­lag Frank­furt a. Main 2025, 112 S., 18 EUR.
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