Friedrich von Hardenberg (Novalis)

1772      Schloss Oberwiederstedt

1801      Weißenfels

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Grüningen

Schloss Grüningen

Grab von Sophie von Kühn

Artikel

Novalis und Gisela Kraft in Bad Tennstedt, Grüningen und Weimar

Weiterführende Informationen

Friedrich von Hardenberg (Novalis)

Autor

Sebastian Graf

Thüringer Literaturrat e.V.

Wir träu­men von Rei­sen durch das Welt­all: ist denn das Welt­all nicht in uns?

Nova­lis, »Blüt­hen­staub«, 1798, Berlin

 

Georg Phil­ipp Fried­rich von Har­den­berg, bes­ser bekannt unter sei­nem Pseud­onym »Nova­lis«, wird am 2. Mai 1772 auf Schloss Ober­wie­der­stedt gebo­ren. Seine Jugend ver­bringt er im anhal­ti­ni­schen Raum, ehe er am 23. Okto­ber 1790 ein Stu­dium der Juris­pru­denz im thü­rin­gi­schen Jena auf­nimmt. Die spä­tere Hoch­burg der Früh­ro­man­ti­ker zählte zu die­ser Zeit nicht mehr als 4.500 Ein­woh­ner, von denen rund 800 Stu­den­ten waren. Andert­halb Jahre vor dem Stu­di­en­be­ginn Har­den­bergs hatte Fried­rich Schil­ler seine Antritts­vor­le­sung an der Uni­ver­si­tät zu Jena gehal­ten. Im Win­ter­se­mes­ter 1790/91 besuchte Nova­lis des­sen Vor­le­sung über euro­päi­sche Staa­ten­ge­schichte und über die Geschichte der Kreuz­züge. Der junge Dich­ter, der in Schil­ler den »Erzie­her des künf­ti­gen Jahr­hun­derts« sah, notiert in sei­nem Tage­buch: »[Schil­lers] Blick warf mich nie­der in den Staub und rich­tete mich wie­der auf«.

Im Zusam­men­hang mit sei­ner Jenaer Zeit spricht Nova­lis von »Tor­hei­ten und Ver­ir­run­gen«; bereits nach einem knap­pen Jahr ver­lässt er die Uni­ver­si­tät, um nach Leip­zig zu wech­seln. Dort schließt er Bekannt­schaft mit Fried­rich Schle­gel, einem wei­te­ren Kopf der spä­te­ren Roman­tik­be­we­gung. Die­ser notiert über sei­nen Kom­mi­li­to­nen: »Es kann alles aus ihm wer­den – aber auch nichts.«

Im Okto­ber 1794 erhält der junge Dich­ter eine Anstel­lung als Aktua­rius im Kreis­amt Ten­n­stedt. Im Rah­men sei­ner dor­ti­gen Tätig­keit führt ihn ein Auf­trag nach Grü­nin­gen, wo er im Novem­ber 1794 die junge Sophie von Kühn ken­nen­lernt. Die innige Lie­bes­be­zie­hung, die sich zwi­schen den bei­den ent­wi­ckelt, wird für Nova­lis zum Urbild sei­nes Schaf­fens. Bereits am 15. März 1795 fin­det die inof­fi­zi­elle Ver­lo­bung des Paa­res statt.

Wäh­rend sei­ner Ten­n­sted­ter Zeit setzt sich Nova­lis kri­tisch mit der Phi­lo­so­phie Fich­tes aus­ein­an­der, wel­chen er im Som­mer 1795 im Hause des Pro­fes­sors Fried­rich Nietham­mer in Jena per­sön­lich ken­nen­lernt. Ab 1796 häu­fen sich die Besu­che in Jena und Grü­nin­gen auf­grund der aku­ten Erkran­kung sei­ner Ver­lob­ten Sophie von Kühn. Ihr Tod im März des dar­auf­fol­gen­den Jah­res stürzt den Dich­ter in eine schwere Lebens­krise: »mit ihr ist für mich die ganze Welt aus­ge­stor­ben«, notiert er am 9. Juni 1797 in sei­nem Tage­buch. Diese gewalt­volle Zäsur ist jedoch zugleich der Auf­takt für eine Reihe von poe­ti­schen Arbei­ten – dar­un­ter die wirk­mäch­ti­gen »Hym­nen an die Nacht«. In die­sem Kon­text galt die soge­nannte »Vision am Grabe«, fest­ge­hal­ten in einer Tage­buch­no­tiz vom 13. Mai 1797, inner­halb der For­schung lange Zeit als poe­ti­sche Initialzündung.

Tat­säch­lich berei­te­ten die zahl­rei­chen Tage­buch­ein­tra­gun­gen aus dem­sel­ben Jahr das poe­tisch-phi­lo­so­phi­sche Spät­werk des Dich­ters vor. Vor allem das Phi­lo­so­phie­ren gilt ihm, in Anknüp­fung an den nie­der­län­di­schen Autor Hems­ter­huis, den er nun begeis­tert stu­diert, als Drän­gen nach der »all­um­fas­sen­den Sphäre«, nach der Ver­ei­ni­gung von Innen und Außen, nach der Ver­bin­dung von Tran­szen­denz und Imma­nenz. Die­ser holis­ti­sche Ansatz zum Ver­ständ­nis der Welt wider­spie­gelt sich auch in sei­nem 1798 erschie­nen Erst­lings­werk – den »Blüthenstaub«-Fragmenten. Zum ers­ten Male tritt dabei das Pseud­onym »Nova­lis« in Erschei­nung. Fortan sieht sich der Dich­ter in der poe­ti­schen Beru­fung, ver­bin­det reli­giö­sen Pathos mit der For­de­rung nach »sitt­li­cher Gra­zie«: »Wir sind auf einer Mis­sion: zur Bil­dung der Erde sind wir beru­fen«. Die Heils­per­spek­tive, die Nova­lis der Poe­sie zuschreibt, muss dabei frei­lich im Kon­text des Ver­lus­tes gese­hen wer­den, der ihm durch den Tod der Gelieb­ten ereilte.

Das Jahr 1798 weist dar­über hin­aus ein wei­te­res lite­ra­tur­his­to­risch rele­van­tes Ereig­nis auf: Im Som­mer des­sel­ben Jah­res ver­öf­fent­licht der Nova­lis-Freund und ‑För­de­rer Fried­rich Schle­gel seine Defi­ni­tion von der roman­ti­schen Poe­sie als einer »pro­gres­si­ven Uni­ver­sal­poe­sie« und lie­fert damit den theo­re­ti­schen Rah­men für die roman­ti­sche Idee.  Im Novem­ber des dar­auf­fol­gen­den Jah­res – Nova­lis hatte inzwi­schen Bekannt­schaft mit Lud­wig Tieck geschlos­sen und sich den Schrif­ten Fried­rich Schlei­er­ma­chers gewid­met, – kommt es in Jena zum »Roman­ti­ker­tref­fen«, einem Höhe­punkt der früh­ro­man­ti­schen Bewe­gung. In der letz­ten Aus­gabe des Schle­gel­schen »Athen­ae­ums« erscheint im August 1800 Nova­lis‘ ein­zi­ger in sich geschlos­se­ner Gedicht­zy­klus – die »Hym­nen an die Nacht«.

Am 6. Dezem­ber des­sel­ben Jah­res wird der Dich­ter zum Super­nu­merar-Amts­haupt­mann für den Thü­rin­ger Kreis ernannt. Zu die­sem Zeit­punkt sind die Arbei­ten am Roman »Hein­rich von Ofter­din­gen«, der das berühmte Motiv der »blauen Blume« in die Lite­ra­tur­his­to­rie ein­schreibt, bereits weit vor­an­ge­schrit­ten. Das Werk bleibt jedoch, wie auch »Die Lehr­linge zu Sais«, unvoll­endet; die pos­tume Ver­öf­fent­li­chung ver­dankt sich den Freun­den Lud­wig Tieck und Fried­rich Schlegel.

Nova­lis‘ Gesund­heits­zu­stand ver­schlech­tert sich Ende des Jah­res 1800 zuse­hends. Eine Lun­gen­er­kran­kung zwingt ihn dazu, seine Arbeit ruhen zu las­sen und Abstand von wei­te­ren lite­ra­ri­schen Arbei­ten zu neh­men. Am 25. März 1801 stirbt der Dich­ter im Alter von 28 Jah­ren an den Fol­gen einer Tuberkulose-Erkrankung.

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