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Detlef Ignasiak
Das literarische Thüringen, Bucha 2018.
Dörrberg ist heute ein Ortsteil von Gräfenroda. Es liegt am Ende des langen Ortes, an der nach Gehlberg führenden Straße. In dessen nicht mehr vorhandenem Gasthof »Dörrberger Hammer« sah A. Trinius 1910 »eine der traulichsten Gaststätten Thüringens«. Abgelegen am Fuß des über 600 Meter hohen Bergmannskopfes, doch von der Straße aus sichtbar, das große fachwerkene Landhaus »Waldruh«, heute Jugendherberge, Waldstraße 134, das sich Friedrich Lienhard 1903 hatte erbauen lassen und bis Ende 16 bewohnte.
Nach seinem Wegzug verkaufte er »Waldruh« an Arthur Dinter, der dort in der Zeit von Hitlers Haft die Verschmelzung von NSDAP und der nur in Thüringen tätigen Deutschvölkischen Freiheitspartei betrieb und sich damit einen vorderen Platz in der Politik zu sichern glaubte. Als sich die NSDAP aber von Weimar aus wieder zu festigen begann, schwenkte er um und suchte die Freundschaft zu Hitler, der Dinter hier (wie auch andere Nazi-Größen) nach dem programmatischen, 1926 in Weimar abgehaltenen NSDAP-Parteitag besuchte und hier zusammen mit Baldur von Schirach die Gründung der Hitler-Jugend vorbereitete.
»Waldruh« war für den unbequemen Dinter ein wichtiger Rückzugsort, erst recht nach seinem 1928 erfolgten Ausschluss aus der NSDAP, nachdem er vergeblich versucht hatte, mit einer »arisch-heldischen Lehre Jesu« dem Nationalsozialismus ein religiöses Mäntelchen umzuhängen und diesen zur »Vollendung der Reformation« zu bewegen.
Doch der weiteren Propagierung seines Hauptwerkes »Die Sünde wider das Blut« durch Hitler tat dieser Rauswurf, der vor allem einem Konkurrenten galt, keinen Abbruch, so sehr lag die Fabel des Buches, in der »Judenjünglinge« die massenhafte Vergewaltigung deutscher Frauen planen, um auf diese Weise die arische Rasse zu schwächen, auf der Hauptlinie der NS-Propaganda. »Waldruh« ist einer von zahlreichen idyllischen Orten Thüringens, den sich die in den 1920er Jahren von Weimar ausbreitende NS-Krake früh gegriffen hat.
Ansichtskarte, um 1910.
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