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Martin Straub
Martin Straub / Lese-Zeichen e.V.
Am Abend des 29. April starb Hans-Jürgen Döring zu Haus. Wir stehen voller Schmerz und Trauer vor dieser Unumstößlichkeit. Der plötzliche Tod unseres Freundes, des Dichters, Politikers und Lehrers reißt eine Lücke in das literarische Leben Thüringens. Als Vorsitzender des Deutschen Schriftstellerverbandes, Landesverband Thüringen und Vorstandsmitglied des Lese-Zeichen e.V. war er immer wieder ein Förderer und Anreger im literarischen Netzwerk unseres Freistaates. Mit Nachdruck und nimmer müder Energie setzte er sich für eine Literatur ein, die sich mit ihrer ganz eigenen Sprache auch zu den dringenden Problemen unserer Zeit das Wort nimmt und für Demokratie und Mitmenschlichkeit eintritt. Dass der Literaturfond verdoppelt und das einzigartige Projektmanagerprogramm des Landes Thüringen ausgebaut wurde, ist vor allem auch seinem energischen Einsatz zu verdanken.
Nach dem Ende der DDR gehörte der Eichsfelder Lehrer zu den Wiederbegründern der SPD. Seit 1990 war er bis 2014 Mitglied des Landtages und unterstützte als bildung- ‚kultur ‑und medienpolitischer Sprecher das literarisch-künstlerische Leben nach Kräften. Hans-Jürgen Döring war schon ein Politiker der besonderen Art. Obwohl er sein Amt sehr ernst nahm, merkte man es ihm nicht an. Er wusste viel zu sagen, voller Sensibilität für seine Mitmenschen und Freunde und ihre Probleme. Er war ein leidenschaftlicher Graphik-Sammler, ein leidenschaftlicher Leser und Kunstempfehler. Auch insofern waren ihm die errungenen Freiheiten nach 1989 teuer. Er genoss dieses Leben. Ein Mensch, voller Energie und Lebenslust. Man hörte ihn schon von weitem mit seinem hochtönigen Lachen, ehe er mit seinem widerspenstigen grauen Haarschopf durch die Tür trat. Und dann überfiel er einen, ohne eine Pause abzuwarten, mit seinen Ideen.
Schon als Student begann Hans-Jürgen Döring ernsthaft Gedichte zu schreiben. Er war ein Lyriker mit Zivilcourage. Aber er trug das nicht wie eine Monstranz vor sich her. Ein enge Freundschaft verband ihn mit Jürgen Fuchs. Immer wieder mühte er sich, dessen Andenken lebendig zu halten. Zwei Lyrik-Bände hat Hans-Jürgen Döring nach der Wende vorgelegt, ein dritter sollte bald erscheinen. Und das wird er auch. Liest man seine oft knappe pointierte Gedichte, lässt sich viel von seinen Konflikten erahnen. Natürlich will er aus dem Mahlwerk des Alltages heraustreten, aus dem Sprachschrott und Wortgeklingel der Verheißungen. Er litt daran, dass die Menschen nicht zu ihrem Eigentlichen kommen. Damit musste er sich als Politiker und Dichter herumschlagen. Heraustreten aus der Enge, weg von den Konventionen. »Komm ins Offene«, zitierte er Hölderin, wohl wissend, was es mit einer bleiernen Zeit auf sich hat. Er hat dabei keine Scheu vor kräftiger Sinnlichkeit.
»Einmal in wackerer Trance
den Dachstuhl durchbrechen
anhaltsam schweben
mit Engelsflügeln in den Falten
der Dämmerung unbegreiflich
wundersam schön«
Nehmen wir seine Gedichte zur Hand. Behalten wir ihn in seinem ganzen Reichtum in Erinnerung. Und gehen mit ihm an unsere Arbeit.
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