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Katrin Lemke
Alle Rechte bei der Autorin. Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Erstdruck in: Palmbaum, Heft 1/2024.
Katrin Lemke
Das Netzwerk der Humboldts
Der Jenaer Verlag DominoPlan, der sich in den letzten Jahren mit zahlreichen Veröffentlichungen zur Regionalgeschichte Jenas einen Namen gemacht hat, fügt mit diesem kleinen Sachbuch über Alexander und Wilhelm von Humboldt seinem Angebot ein weiteres, gut bebildertes Exemplar hinzu, über das sich Freunde der Jenaer Romantik und der Weimarer Klassik freuen werden.
Der Autor Winfried Haun untersucht darin die vielfältigen Kontakte der Gebrüder Humboldt im Thüringer Umfeld. Kenntnisreich geschrieben vermittelt seine Studie einen verblüffenden Einblick in ein weit verzweigtes Netz aus Arbeits- und Freundesbeziehungen, die den später berühmten und bedeutenden Brüdern besonders in den 1790er Jahren in Thüringen wichtig wurden. Dass wir auf Namen wie Goethe und Schiller, wie Fichte, Schlegel und Schelling stoßen ist dabei weniger überraschend als die vielfältigen Beziehungen zu Personen der Universität Jena, des Weimarer Hofes und verschiedener Thüringer Gewerke, die besonders Alexander in dessen Studien zur Botanik, Mineralogie, Anatomie und anderen Wissenschaften zur Seite standen und bisher gewissermaßen namenlos waren.
Haun zählt sie mitsamt ihren Beiträgen auf und holt manche von ihnen damit aus historischer Versunkenheit. Die Brüder Humboldt erfahren eine immer präziser werdende Charakteristik, die bei weiterführendem Leseinteresse noch vertieft und erweitert werden könnte durch die Quellen, die der Autor in seinem Literaturverzeichnis nennt.
Auch jene Thüringer Leser, die sich auszukennen meinen in heimatlicher Geschichte und Geografie, können historische Neuigkeiten entdecken. Wer weiß schon, dass es z.B. bei »Rudelstadt« Kupfer- und Silberbergbau gab? Dass Alexander von H. und Goethe in Jena gemeinsam anatomische Studien trieben? Oder dass sich der Poet Schiller in deutlich kritischer Distanz zum Forscher Alexander von H. befand, der nach seinem Empfinden die Natur mit allzu kalten Augen betrachtete? Auch die Existenz eines Gedenksteines für Alexander in der Nähe der Jenaer Teufelslöcher ist weithin unbekannt.
Dem älteren Bruder Wilhelm von Humboldt, Staatstheoretiker, Pädagoge und Philosoph, wird im Buch etwas weniger Aufmerksamkeit geschenkt als dem schillernden, ideenreichen Alexander.
Trotz des großen Faktenwissens im Einzelnen, das man in Winfried Hauns Studie vorfindet, bleiben einige unbehagliche Leseeindrücke zurück. Ein schwer verdaulicher erster Satz: elf überfrachtete Zeilen lang. Eine Satzbautendenz, die wiederholt auftritt. Diesem Sachbuch sind überaus geduldige und konzentrierte Leser zu wünschen. Pro Seite in mehrzeilige Abschnitte unterteilt liest sich das Dargestellte in der Hauptsache kumulativ.
Die Studie gewinnt da an Lebendigkeit, wo sie lange authentische Briefstellen und Zitate anbietet, die die schreibenden Personen von innen heraus zeigen. So ist sie in der Lage, historische Genauigkeit mit der notwendigen Anschaulichkeit zu verbinden.
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