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Thüringen im Nationalsozialismus
Katrin Lemke
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projektes der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Ricarda Huch (1864–1947) wurde in einem großbürgerlichen Haus in Braunschweig geboren. Mit 18 Jahren unterhielt sie ein riskantes Liebesverhältnis zu ihrem Schwager und Cousin Richard Huch. Ab 1887 war sie eine der ersten weiblichen Studierenden an der Universität Zürich, an der sie ihr Studium 1892 mit einer Promotion im Fach Geschichte abschloss. Anschließend arbeitete sie für kurze an einer Mädchenschule und einer Bibliothek. Um 1893 begann sie Gedichte und Novellen zu veröffentlichen. 1898 heiratete sie Dr. Ermanno Ceconi, mit dem sie in Triest und München lebte.
Nach ihrer Scheidung 1906, heiratete sie ein Jahr später Richard Huch, von dem sie 1910 wiederum geschieden wurde. Ab 1926 lebte sie in Berlin, wo sie als erstes weibliches Mitglied in die Preußische Dichterakademie aufgenommen wurde, aus der sie 1933 unter Prostest austrat:
»Was die jetzige Regierung als nationale Gesinnung vorschreibt, ist nicht mein Deutschtum. Die Zentralisierung, den Zwang, die brutalen Methoden, die Diffamierung Andersdenkender, das prahlerische Selbstlob halte ich für undeutsch und unheilvoll. Bei einer so sehr von der staatlich vorgeschriebenen Meinung abweichenden Auffassung halte ich es für unmöglich, in einer staatlichen Akademie zu bleiben.«
Während der Zeit des Nationalsozialismus lebte Ricarda Huch in der inneren Emigration in Deutschland. Von 1936 bis nach Kriegsende lebte sie in Jena und einige Zeit in Tautenburg. Da sie die großen Geistesleistungen jüdischer Mitbürger verteidigt und Angriffe auf sie zurückgewiesen wurde sie zwischen 1937 und 1940 juristisch wegen „Verstoßes gegen das Heimtücke-Verbot“ verfolgt. Damit einher gingen zunehmende Schwierigkeiten zu veröffentlichen – es blieb das Schreiben für die Schublade. Ab 1939 lud sie Gleichgesinnte zu wöchentlichen Jour fixes ein, die sich von bürgerlich-liberalen Standpunkten her dem Einfluss des Hitlerregimes zu entziehen versuchten.
Nach Ende des Krieges, schon als über Achtzigjährige, beteiligte sie sich am Versuch der Demokratisierung, an der Aufarbeitung von Schuld und Verantwortung, an Neugründungen und Wiedereröffnungen, was ihr im sowjetisch besetzten Thüringen große öffentliche Achtung einbrachte. vom 4. bis 8. Oktober 1947 nahm sie am 1. Deutschen Schriftstellerkongress in Berlin als Alterspräsidentin teil. Nach dem Kongress verließ sie mit ihrer Tochter aus erster Ehe die sowjetisch besetzte Zone, da ihre Familie seit 1945 getrennt lebte; ihr Schwiegersohn und ihr Enkel waren zunächst nach Freiburg i.Breisgau, dann nach Frankfurt/Main gegangen. Wenige Wochen nach ihrer Übersiedlung nach Westdeutschland starb sie am 17. November 1947 in Schönberg am Taunus bei Frankfurt am Main.
Abb.: Aufnahme um 1930, Wanda von Debschitz-Kunowski.
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