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Patrick Siebert
Detlef Ignasiak: Das literarische Thüringen, Bucha 2014.
Wenige Kilometer nördlich von Erfurt liegt Sömmerda, Kreisstadt des gleichnamigen Kreises. Mit ungefähr 20.000 Einwohnern ist es ein Mittelzentrum und heute mit dem Unternehmen Fujitsu Technology Solutions ein wichtiger Standort der Elektroindustrie.
Durch die Lage im fruchtbaren Thüringer Becken entwickelte sich die Stadt im Mittelalter zu einer agrarisch geprägten Kleinstadt mit zwei Siedlungskernen. Einem um den Marktplatz herum und einem am heutigen Petriplatz. 876 erstmals urkundlich erwähnt, wurde Sömmerda von Konrad I. dem Kloster Fulda zugeschlagen. Ab 1342 gehörte es zur Grafschaft Schwarzburg, die es 1418 an das damals mainzische Erfurt verkaufte, in dessen Besitz es bis 1803 verblieb.
Von der Bedeutung der mittelalterliche Stadt zeugen bis heute die Überreste der Stadtmauer, insbesondere das »Erfurter Tor« aus dem Jahr 1395. Sehenswert ist auch das Ensemble der spätgotischen Stadtkirche Bonifatius und des Pfarrhauses von 1589.
Mit dem Namen Johann Nikolaus Dreyse (1787–1867) in die Wandlung Sömmerdas von der Agrar- zur Industriestadt verbunden. An den Erfinder des Zündnadelgewehres erinnert heute das Museum im Dreyse-Haus in der Weißenseer Straße 15, in dem sich auch die Stadtbibliothek befindet.
Einen wichtigen Impuls für die Entwicklung des thüringischen Geisteslebens der frühen Neuzeit gab der 1629 in Wenigensömmern verstorbene Caspar von Teutleben (1576–1629) mit der Initiierung der »Fruchtbringenden Gesellschaft« im Jahr 1617. Michael Altenburg (1584–1640) wirkte von 1622–1638 als Pfarrer in der Stadt. Als Schöpfer von Kirchenliedern traf er vermutlich am 21.09.1631 auf den Schwedenkönig Gustav II. Adolf und schuf in diesem Zusammenhang das trostgebende Lied »Verzage nicht, du Häuflein klein«. Nachdem die Schweden der Legende nach 1632 dieses Lied singend in die Schlacht um Lützen zogen, bei der sie ihren König verloren, galt es als Gustav Adolfs Schwanengesang. In Großsömmern (Sömmerda) wurde 1615 der Liederdichter Johannes Rosenthal geboren, der 1690 in Schmölln bei Altenburg starb.
In Wenigensömmern wurde 1624 Johann Christoph Göring (1624–1684) geboren, dessen 1645 erschienene Gedichtsammlung »Liebes-Meyen-Blühmlein« eine im 17. Jahrhundert selten erreichte Verbreitung fand. Typisch für seine Gedichte ist der Rückgriff auf das Volkslied und die Typik von Liebesglück und Abschiedsschmerz, die später von der Trivialliteratur aufgenommen wurde. Die erste europäische Landesbeschreibung Ägyptens schuf 1671 der in Sömmerda geborene Johann Michael Wansleben (1635–1679).
An der Nordseite des Markplatzes befindet sich das Geburtshaus des Schulreformers und Schriftstellers Christian Gotthilf Salzmann (1744–1811). Er trat 1768 in Wenigensömmern seine erste Pfarrstelle an. Seine Erfahrung mit der Not kleiner Bauern inspirierte ihn zu dem sozialkritischen Roman »Carl von Carlsberg oder über das menschliche Elend«, der zwischen 1783 und 1788 in 6 Teilen erschien. Weite Verbreitung fanden seine narrativ gestalteten pädagogisch gestalteten Leidfäden »Krebsbüchlein« (1780) und »Ameisenbüchlein« (1806), die in die pädagogische Weltliteratur eingegangen sind. An Salzmann erinnern eine Gedenktafel an seinem Wohnhaus am Markt 7 und ein Obelisk auf dem Marktplatz.
In der Zeit des zweiten Weltkrieges kam Sarah Udi (1914–2007) als Zwangsarbeiterin aus dem Lager Buchenwald von September 1944 bis März 1945 nach Sömmerda. In dieser Zeit schrieb sie Gedichte, die 1989 in Israel und 2007 auf deutsch unter dem Titel »Der Krieg krepiert« erschienen.
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