Wir hatten gehofft, mit dem Bauhaus-Heft den »Schmerzpunkt unserer fröhlichen Gegenwart« wenigstens zu kitzeln. Viele sprachen uns privat auf das Heft an, das ja den einzigen weißen Fleck auf dem viel beackerten Feld der Weimarer Avantgarde-Schule in Augenschein nahm: den Umgang des Bauhauses mit Sprache und Literatur. Aber nirgends ein öffentliches Echo, geschweige denn eine Debatte. Nicht einmal das neue Bauhaus-Museum, das von nahezu allen großen Zeitungen Deutschlands mit Kritik bedacht wird, kann in Thüringen einen wirklichen Streit auslösen. Macht die sanfte Hügellandschaft ringsum uns so handzahm …?
So wollen wir diesmal den Blick über Thüringen hinaus richten: wir nehmen den 200. »Geburtstag« von Goethes ›West-östlichem Divan‹ zum Anlass, um nach der wechselseitigen Bereicherung von Ost und West durch Literatur zu fragen. Wir zeigen, wie deutsche Autoren seit Jahrhunderten durch Erkundung des »Ostens« das »westliche« Bewusstsein erweitert haben und unterlaufen damit einen »Ost-West-Gegensatz«, der noch immer oder schon wieder von den Vor- und Verstellungen des Kalten Krieges geprägt ist, einen Denkhorizont, für den – 30 Jahre nach der »Wiedervereinigung« – die »neuen Bundesländer« der Osten sind und Moskau schon zu Asien gehört. Mithin möchten wir an die historisch gewachsene Aufgabe Deutschlands erinnern, ein Mittler zwischen West und Ost zu sein.
Klaus Bellin skizziert die Entstehung des Goetheschen Divans. Mit Hansjörg Rothe blicken wir auf die Antike-Rezeption im Mittelalter, Sylvia Bräsel verweist auf Spuren des Konfuzianismus in der Aufklärung, Gerhard Schaumann geht dem Motiv der »russischen Seele« in der deutschen Literatur nach und Gunnar Decker befragt Hermann Hesses Indien-Bild. Harald Heydrich erinnert an Johannes Bobrowskis Sarmatischen Divan und Friedrich Schorlemmer berichtet, wie sowjetische Filme und Bücher die DDR-Opposition vor der Wende bestärkt haben. Matthias Biskupek erzählt von seinem Japan, Jürgen Große setzt sich mit Ost-Klischees am Beispiel von Ines Geipel auseinander und mit Friedrich Dieckmanns Essay über Moses bei Goethe, Schiller und Freud schließt sich der Kreis.
Natürlich bringen wir auch neue Lyrik, Prosa und Essays, gehen auf literarische Spurensuche, bringen 25 Seiten Rezensionen, Interviews mit dem Cass-Verlag und dem Kupferstecher Baldwin Zettl und als finalen Höhepunkt Laudatio und Dankesrede zur Verleihung des Thüringer Literaturpreises an Sibylle Berg.
Jens‑F. Dwars
Einbandgrafik Baldwin Zettl, Gestaltung Jens-F. Dwars, Thüringer Literaturrat e.V.
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