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Jens-F. Dwars
Alle Rechte beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors. Erstdruck in: Palmbaum 2/2024.
Im September 1774 erschien auf der Leipziger Buchmesse ein schmales Bändchen, anonym, mit dem Titel Die Leiden des jungen Werthers. In kürzester Zeit avancierte der Briefroman zu einem europäischen Bestseller und sein Autor, ebenso schnell als Johann Wolfgang Goethe entdeckt, zum Jungstar mit nur 25 Jahren. Man trug die Werther-Tracht: blauen Frack und gelbe Weste. Und die Alten wetterten, nun werde auch bald der Selbstmord Mode sein. Tatsächlich bestätigen heutige Studien ein knappes Dutzend solcher Suizide. Doch viel wichtiger war die literarische Wirkung des Romans, der zum Leitmodell einer ganzen Epoche wurde: der Empfindsamkeit. 225 Jahre danach nehmen wir das Jubiläum zum Anlass, um
nach vergleichbaren »Fällen« zu suchen, in denen gleichfalls frühe Werke junger Autorinnen und Autoren Zäsuren in der Literaturgeschichte gesetzt haben. Was sind die Bedingungen der Möglichkeit solcher Sternstunden? Und wo bleiben die Texte junger Leute, die uns heute ebenso ergreifen, überraschen, begeistern könnten?
Wir fragen, was uns Werther heute noch sagt, erinnern an Büchner (U. Kaufmann), Rimbaud (Chr. Schmitz-Scholemann), Thomas Mann (K. Bellin), der mit 21 die Buddenbrooks konzipierte, an die Debüts von Peter Handke (H.-D. Schütt) und Elfriede Jelinek (K. Decker), an die Reihe Außer der Reihe (A. Wünsche) und den Streit um Axolotl Roadkill von Helene Hegemann (R. Nikolić). Der Lyrikblock umfasst diesmal fast 30 Seiten mit Gedichten u.a. von Johannes Witek, Mayjia Gille, Wilhelm Bartsch und Peter Gosse. Unter Prosa bringen wir u.a. Alltagsbeobachtungen von Andrea Richter sowie experimentelle Texte von Olaf Trunschke
und Mandy Susann Buchholz. Im Essay-Block liest Tobias Bulang das Gedicht Schlachtfeld von Wulf Kirsten im Licht heutiger Kriege, reflektiert der Bildhauer Walter Sachs über die Entstehung seiner Pygmalion-Figur und sehen wir kritisch auf neue Goethe- und Nietzsche-Ausstellungen in Jena und Naumburg. Wir dokumentieren die Weimarer Lyriknacht mit
Gedichten von Martin Piekar, Linn Penelope Rieger, Tina Neumann und Angela Krauß. Auf literarische Spurensuche geht André Schinkel, der die Lebensstationen Klopstocks beschreibt – eines Senkrechtstarters vor Goethe. Und schließlich bringen wir über 20 Seiten Literaturempfehlungen und stellen mit dem Einband-Grafiker Gerd Sonntag einen Maler vor, der vor 70 Jahren in Weimar geboren wurde und heute mit Glas Skulpturen erschafft, die weltweit bestaunt, bewundert und gesammelt werden.
Jens‑F. Dwars
Jens-F. Dwars, Gerd Sonntag, Thüringer Literaturrat e.V.
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