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Martin Straub
Erstdruck: Palmbaum 2/2018 / Thüringer Literaturrat e.V.
Gelesen von Martin Straub
über kunstrasen führen / die erste Rückschritte
Nach dem Band »In Paris«, 2014 ebenfalls in »parasitenpresse« erschienen, legt Mario Osterland nun seinen ersten Lyrikband vor. Changiert er in dem Vorgänger skizzenhaft zwischen Lyrik und Prosa, gibt es nun eine Sammlung von Gedichten, in denen der 32 jährige Autor nach einem Platz im Leben und im Schreiben fragt. Seine Gedichte kommen, und das ist das Sympathische, ohne großen Aufwand daher. Sie liegen nahe der Alltagssprache und verzichten auf aufgeblasene, intellektuelle Metaphern. In dem in sich geschlossenen wirkenden ersten Abschnitt des Bandes bricht das lyrische Ich mit seiner ländlichen Herkunft. Dabei verzichtet Osterland auf eine landschaftlich genauere Verortung, vielmehr charakterisiert er die einengende Atmosphäre einer dörflichen Welt. »dieses Dorf bringt dich um / – deine Jugend«,lautet lakonisch der Zweizeiler, mit »Edding an der Bushalte« überschrieben. Und im Eingangsgedicht der Sammlung »Im Dorf mit dunkler Sonne« rechnet das lyrische Ich in sechs zweizeiligen Strophen nicht ohne grimmige Ironie ab: »… wo auch noch das wenige Licht / aus den Gassen zurückgeworfen wird // wo nichts wächst außer Stroh / und das Eis zentimeterdick friert // wo Begrenzungspfähle Stelen sind / für die Jugend in den Gräben«. Tino Brandt schreibt in einer Rezension bei »fixpoetry«, man habe »durchaus das Gefühl sich auf dystopischem, möglicherweise sogar auf apokalyptischem Terrain zu bewegen«. »Möglicherweise« mag denn auch signalisieren, dass man nach den apokalyptischen Reitern vergeblich sucht. Eher findet man in den Gedichten einen zivilisationskritischen Blick auf eine Gegenwart, in der das Ich seinen Platz oder gar einen Halt oder einen Ausweg nicht finden kann. »an der Innenwand aus Porzellan sitzt / noch ein Rest von mir // wie gewollt und nicht gekonnt / mit Frischhaltehaut überzogen«. Natur und Wald sind malträtiert und können kein Refugium in dieser schnelllebigen Welt mit ihrer zerstörerischen Geschwindigkeit sein. »auf der Bremse standen wir lang genug / suchten uns in der Natur und fanden / faulige Rehe an ausgeleckten Kanistern krepiert«. Und an anderer Stelle heißt es: »Natur ist mehr als ein Bettvorleger / hält sich bereit in den Parks«. Zu diesem Thema gibt es beeindruckend gelungene Zeilen. Etwa in dem lyrischen Prosa-Text »hinter der Stadt«. »hinter der Stadt scheint die Sonne auf fruchtlose / Felder. nur an den Rändern blühen noch / Bahnschwellen. […] im Spätsommer sagt man ernten / sie hier manchmal Radios imitieren den Ruf des / Freiwilds das sich in den ausgebrannten Werk- / hallen sammelt.« So ganz will Osterland diesen Ton nicht durchhalten. Beim Durchlesen des lyrischen Erstlings stößt man dann doch hin und wieder auf Verszeilen, die einen hoffnungsvolleren Klang anschlagen. Da gibt es auf einmal eine lyrische Prosa wie »unsere geschichte«, die »die beste [ist] die ich kenne. / ein abgeschlossener Liebsroman mit offenem Ende«. Da mag der Leser aufatmen, zumal es einige Seiten später sichtlich in Replik auf das Eingangsgedicht heißt, »in Wahrheit war dieses Dorf nie so dunkel wie ich es immer sah […] ein schönes Bild ist das jetzt, /etwas kaputtrestauriert«.
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