Klaus Jäger – »Carlotta oder Die Lösung aller Probleme«

Jo Fried

Wo die Liebe hinfällt

Lau­renz Stad­ler, Aus­lands-Kor­re­spon­dent einer Münchner Zei­tung, muss sein Büro in Rom räumen, weil die Her­ren der Redak­tion sich künftig Infor­ma­tio­nen aus ers­ter Hand spa­ren wol­len. Überhaupt, erfährt der Leser, geht es mit dem Jour­na­lis­mus steil abwärts: Klatsch, Tratsch und bil­lige Schlag­zei­len erset­zen seriöse Recher­chen und Berichte in gutem Stil. Das frei­lich wis­sen die Leser von Tages­zei­tun­gen längst, inso­fern grenzt es an Maso­chis­mus, wenn gleich drei Blätter der Thüringer Zei­tungs­gruppe den Roman in täglicher For­set­zung dru­cken, was lei­der seine Schwächen offen­bart. Ein Fort­set­zungs­ro­man, das lehrt uns eine sei­ner Erfin­de­rin­nen, die Mar­litt aus Arn­stadt, muss per Cliff­han­ger am Ende eines jeden Abschnitts Span­nung erzeu­gen, um zum Wei­ter­le­sen zu animieren.

Car­lotta läßt diese Span­nung nur sel­ten auf­kom­men, obwohl das Grundgerüst durch­aus den Stoff dazu böte: Bevor der Jour­na­list in Münchenden Pos­ten eines »Blatt­ma­chers« antritt, der sich als Platt­ma­cher ent­puppt, nimmt er eine Aus­zeit, schip­pert wie wei­land der Gegen­spie­ler des Alexis Sor­bas in den Süden. Nur nicht nach Kreta, son­dern auf die Insel Pro­cida im Golf von Nea­pel. Dort begeg­net ihm ein weib­li­cher Sor­bas: die ebenso schöne wie junge, vitale Car­lotta, die dem ach so überlegenen, stil­voll zurückhaltenden und ewig besorg­ten Deut­schen den Genuss des wah­ren Lebens mit Sonne, Sex und Südseeluft bei­zu­brin­gen versucht.

Das stellt sein Leben auf den Kopf (oder die Beine?) und bringt ihn in eine schöne Mid­life-Cri­sis, aus der er unschön erwacht. Schade nur, dass dem Roman gerade das fehlt, worüber er erzählt: die Leich­tig­keit desSüdens. Stattdessenschlägtdas Schick­sal mit nor­di­scher Schwere zu.