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Karl Volkmar Stoy
aus: Gustav Schäfer (Hg.), Sachsen und Thüringen im Spiegel der Dichtung, Berlin o. J. (1928).
Die Audiofassung liest Jens Kirsten.
Frisch hab ich den Kompaß genommen
und bin nach Jena marschiert;
weiß selbst nicht, wie das gekommen,
’s ist schier ein Wunder passiert.
Fürwahr; das ist nicht zu streiten,
’s ist hier ein eigenes Land:
da sind von den ältesten Zeiten
gar sieben Wunder bekannt.
Dort drüben – ’s ist drin nicht geheuer –
steht schweigend das Weigelsche Haus;
hier schaut das Seeungeheuer,
der Schnapphans, grausig heraus.
Und über der Saale Wogen
streckt hin sich die Wunderbrück‹,
sie führt auf kunstvollen Bogen
nach Ziegenhain hin und zurück.
Rings schau ich bedeutsame Sachen:
den Altar von Wunderhand,
den hundertköpfigen Drachen,
den Fuchsturm, den Lug-ins-Land.
Ihn trägt die Wacht an der Saale,
der Hausberg, weinumlaubt;
er blickt auf die Füchslein im Tale
als altes, bemoostes Haupt.
Doch dem, was die Väter beschrieben,
fügt sich ein achtes hinzu.
Wie groß auch die Wunder, die sieben,
das achte, mein Jena, bist du!
Du bist so ganz ja noch heute,
wie dich Johann Friedrich geschaut:
drum lieben die ältesten Leute
dich gleich einer lieblichen Braut.
Du sprichst: »Ob auch welken die Rosen,
das Lied der Jugend verhallt:
ihr Jenenser, ihr bleibt Studiosen,
ihr werdet auf ewig nicht alt!«
So füg ich dem Zauber mich weise,
der alles ergriffen hat:
hier bleib ich und singe und preise
Alt-Jena, die junge Stadt.
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