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Bernd Ritter
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Im Schlosshof, an der einspringenden Ecke des Ostflügels, steht eine verwitterte Grabplatte. Sie soll vor vielen Jahren aus der Kirche von Heiligen herüber gebracht worden sein. In der Mitte des Steines das Kochberger Wappen: Schrotleiter unter einem Stechhelm. Die Grabplatte Bernhards von Kochberg, Hofmeister des Kurfürsten Friedrich von Sachsen.
In welchem verwandtschaftlichen Verhältnis stand Bernhard zu dem Junker Hanns? Einen Junker Hanns von Kochberg soll der Sage nach der Teufel geholt haben. Genau am 18. November 1573. Hatte der Junker gewettet? Wie der Doktor Johann Fausten, der weitgereiste Zauberer und Schwarzkünstler?
Über dessen Ende lesen wir im Volksbuch von 1587 sinngemäß, dass plötzlich, in der Nacht zwischen zwölf und ein Uhr, ein ungestümer Wind aufgekommen war, der das Haus, in welchem Doktor Faustus und die Studenten nächtigten, zu zerschlagen drohte. Das Ächzen und Knirschen des Gebälks weckte die Studenten, die sich ängstlich flach auf die Dielen legten und wie Mönche beteten, während der auf den Tod erschrockene Wirt aus dem Hause lief.
Da vernahmen die Studenten aus Faustens Kammer ein greuliches Pfeifen und Zischen, als ob das Haus voller Schlangen und Nattern sei. Faustus stieß einmal die Türe auf und schrie um sein Leben – dann ward es still. Und es blieb still bis zum Morgen. Erst als es hell geworden war, fassten die Studenten Mut und gingen vorsichtig in die Kammer des Doktors, um nach ihm zu sehen. Doch was sie sahen waren Blut und Hirn an den Wände. Die Augen und einigen Zähne lagen auf dem Boden. Der Teufel musste den armen Faustus mit ganzer Kraft gegen die Wände geschmettert haben. Den zerschlagenen Leib fand man später draußen auf dem Mist.
Immerhin: Doktor Faustus, mag er nun Jörg oder Georg oder Johann geheißen haben, hat – wenn auch nicht als ein Bauernsohn aus dem Weimarischen, wie es im Volksbuch zu lesen ist – existiert. Er war Zeitgenosse Luthers, Melanchthons, Müntzers, des Erasmus von Rotterdam und des Paracelsus und des Gutenberg.
Es heißt, Goethe habe die Sage vom Schwarzkünstler Faustus schon als Kind in Frankfurt gekannt. In Kochberg könnte er die Sage vom Junker Hanns von Kochberg kennen gelernt haben. Ihm zur Bestätigung? Goethe wusste um die Jahrhunderte alte Teufelsbündnertradition, in der sein (Ur)Faust stand. In der nordwestlichen Ecke des Parks, wo hinter den Zäunen bereits die Felder ansetzen, stehen zwei uralte Robinien mir dunkelgrünen Mistelbüschen in der Krone.…
Hanns Cibulka war weder ein emsiger Briefeschreiber noch ein großer Theoretiker. Aber manchmal hat er doch so etwas wie eine Poetik formuliert. »Was mich an unserer Sprache fasziniert, ist ihre außergewöhnliche Dynamik… Heute arbeitet man an einem Gedicht oft mehrere Tage und Wochen, aber damals schrieb man an einem einzigen Vormittag seitenlange Verse nieder…«
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