Thema
Christian Kreis
Alle Rechte beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors. Erstdruck in: Palmbaum 2/2023.
Christian Kreis
Die Quintessenz des Färbers
Detlef Färber ist ein Meister der humorvollen Umständlichkeit. Wie schon in seiner satirischen Prosa kommt es ihm nicht auf den schnellen Gang und Gag an, sondern auf die kauzige Drechselei seiner Satzgirlanden. Wer Detlef Färber schon auf Lesungen erlebt hat, weiß, dass es bei der Entfaltung dieser Komik auf die Verzögerung ankommt. Auch in seinen Gedichten bleibt er diesem Ansatz treu. Doch die Form des Gedichtes verlangt ja die Verknappung und so findet die nochmal und nochmal angesetzte Wendung und Windung unversehens zu einer abrupten Pointe. Wunderbar ausgeführt in dem Gedicht X‑tausenstes Tischgespräch:
»Was macht denn der … wie hieß er noch? / Der, der mit der, die …? Sag ich doch, / die jedenfalls … als – wo war das? – / in … Dings … vom … Dings das …. Dings vergaß. // Ach das … von dem! Ach die! Ach … da! / Wie nannte sich’s … na…? Name …? Tja. / Mit vorne R… so ungefähr. / Ja, klar! War gar nicht schwer …, nicht sehr. // Das zeigt, dass … bei mir … echt nicht schlecht is… / hier oben …: Wie das hieß …? (Gedächtnis!)«
Die Gedichte von Färber sind allesamt, wie es in der komischen Dichtung nun mal seine Art hat, gereimt und von Beherrschung des Metrums gekennzeichnet. Ein geheimer Informant hat mir zugetragen, dass der erste Gedichttitel zur engeren Auswahl für den Titel des Buches gehörte: Im Uterus ist Ausschankschluss. Man/frau/mensch hat sich im Verlag dagegen entschieden, um keinen Miss- und Misterverständnissen Vorschub zu leisten. Dabei geht es in diesem Gedicht, wie man eventuell vorschnell vermuten könnte, gar nicht um die menopausierende Sperrstunde, sondern schlicht um das In-die-Welt- Flutschen, das leider mit dem Umstand der abrupten Beendigung des Flatratesaufens durch Nabelschnurdurchtrennung beginnen muß.
Detlef Färber beschäftigt sich gern mit dem Männlichen, Allzumännlichen und man ahnt, mit diesen Unkorrektheiten könnte er bei einer queerfeministischen Lyriker*innenlesung unter Umständen anecken. Aber diese gereimten Mikroaggressionen machen garantiert jenen Spaß, die von sprachlichen Weltverbesserungsversuchen in dieser diskursiv aufgeheizten Zeit leicht genervt sind. Färber setzt mit Gedichten wie Neues vom Gender Sender oder Der mit dem Bösen Blick dezente Versfußtritte gegen den Zeitgeist. Für einen mittelalten weißen Sack wie mich, ist das natürlich eine willkommene Freude. Und zugegeben, manche Weisheit in Färbers Versen mag schon ein paar Altersflecken angesetzt haben. Sei es drum.
Detlef Färber bewegt sich in der Tradition komischer Lyrik, man hört Wilhelm Busch heraus, ein bißchen Morgenstern (dem Färber mit seinem Wohlwolf in einer Hommage des Werwolfs gedenkt) und auch den letzten großen Vertreter dieser Linie, Robert Gernhardt. Färbers Humor ist konservativ, getragen von der Einsicht der Vergeblichkeit des menschlichen Zappelns und Hoffens, und weiß gerade deshalb die leiblichen Genüsse höher als die Utopie zu schätzen. Und so bleibt es nicht aus, dass wir in dem autofiktionalen Gedicht Dettes Bullette auch ein passables Klopsrezept vom Autor erhalten, zum Nachmachen durchaus geeignet. Und wie immer, wenn es um die Wurst oder um die Bullette geht, wird es auch ein klein wenig ernster, nur nicht weniger sprachverspielt. Das passiert im vorliegenden Band zumeist dann, wenn die Thüringische Herkunft, wie im Gedicht Im Schiefergebirge, dessen erste Strophe schließlich noch zitiert sei, in Färbers Verse schiefert: »Schief sieht es aus, das Vaterhaus, / noch schiefer als das Haus daneben, / auch schiefergrau – ein Schiefergraus! / Als dürfte’s hier nur Schiefer geben.«
›Literaturland Thüringen‹ ist eine gemeinsame Initiative von
Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen · Thüringer Literaturrat e. V. · MDR-Figaro · MDR Thüringen – Das Radio
Gestaltung und Umsetzung XPDT : Marken & Kommunikation © 2011-2025 [XPDT.DE]
© Thüringer Literaturrat e.V. [http://www.thueringer-literaturrat.de]
URL dieser Seite: [https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/detlef-faerber-die-quintessenz-des-essens-gedichte/]