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Schriftsteller der Frühen Neuzeit
Sylvia Weigelt
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Eisenach, das Luther im Nachhinein als »geistlichen Stapelort und Pfaffennest« empfand, war vor der Reformation von überaus vielen Kirchen, Klöstern und Kapellen geprägt. Jeder 10. der damals vielleicht 3000 Einwohner zählenden Stadt soll dem geistlichen Stand angehört haben.
Die Nikolaikirche ist die älteste Pfarrkirche der Stadt. Dem heiligen Nikolaus geweiht, dem Schutzpatron vor allem der Kaufleute, verweist sie darauf, dass einstmals die Kaufleute in ihrer Nähe wohnten.
Die im Jahre 1215 durch Hermann I., Elisabeths Schwiegervater, errichtete Kirche (Turm erst 1428) und ihr romanischer Apsidialchor sind ein unmittelbares Zeugnis aus Elisabeths Zeit, auch wenn wir nicht wissen, ob sie selber in diesem Bau weilte, an dem wohl der gleiche Baumeister wie am Pallas der Wartburg arbeitete. Im Bauernkrieg wurde das Kloster schwer beschädigt. Ob bei den Plünderungen die hier aufbewahrten Elisabethzeugnisse – ein Gebetbuch und ein Gürtel sollen es gewesen sein – vernichtet wurden, ist ungewiss.
Die erste evangelische Predigt wurde 1555 in der Kirche gehalten. Die letzte Nonne soll das Kloster jedoch erst 1566 ihrer Bequemlichkeit wegen verlassen haben. Mehrfach zerstört und neu aufgebaut beeindruckt die heute evangelische Kirche durch ihre ursprüngliche Schlichtheit.
In der Nikolaikirche war Konrad Hutter, ein Verwandter Luthers, Küster. Zu ihm und seiner Ehefrau Margarete, einer Tante seiner Mutter, hatte er offenbar engeren Kontakt. Er lud den Küster 1507 zu seiner Primiz nach Erfurt ein. Der Weg nach Erfurt führte durch das Nikolaitor, das einzig erhaltene der ehemals fünf Stadttore (Frauen- oder Marientor im Süden, Predigertor im Südwesten, Georgentor im Westen, nordwestlich davon, zwischen Hörsel und Jakobsplan, das Nadel- oder Nollentor).
[Das neben der Kirche gelegene Nikolaitor wurde in der Zeit des Stadtmauerbaus (um 1200) unter Hermann I. errichtet, der Torturm gilt als einer der frühesten Schalentürme in Deutschland.
Das zwischen Kirchturm und Stadttor liegende Gebäude, die frühere Probstei ‚auf der Mauer’, wurde 1888 aufgegeben und der Durchgangsbogen mit Zinnen zwischen alter Kirche und Diakonissenhaus errichtet, dem nach 1900 auch der Fußgängerdurchgang auf der anderen Seite folgte.]
Auf dem Platz bei St. Nikolai wurden zur Zeit Elisabeths der Sonnabendsmarkt – der bedeutendste städtische Markt – und die Märkte im Jahreslauf abgehalten. Hier konnte man Erträge von Hof und Feld erwerben, handwerkliche Dinge kaufen oder allerlei Kleinodien bestaunen: »Flöten, Löffel, Spangen, aus Blei gegossen, Trommeln, Nadeln, Fingerhüte und dergleichen mehr, in Gold gefasste Perlen, Edelsteine, Gewandspangen aus Elfenbein, Fingerringe, Tischmesser, wertvolle, in Edelstein gefasste Spiegel, Armreifen, seidene Hauben, Fackeln, vornehme Trinkgefäße und ausgewählte Gewürze« (Ludwig und dem Krämer, in: Brot und Rosen, S. 75) Elisabeth könnte hier ihre irdenen Töpfe, Krüge und Spielzeug für das Spital unter der Wartburg gekauft haben.
Text: »Einst geschah es, dass Elisabeth unten in der Stadt auf dem Markt gewesen war und allerlei Spielsachen für die Kinder im Spital erworben hatte: kleine irdene Krüge und Töpfchen, gläserne Fingerringe und ähnliche Dinge, mit denen Kinder gern spielen. Das alles hatte sie in ihre Manteltaschen gesteckt und ritt nun in schnellem Schritt, wie es ihre Art war, hinauf zur Burg.« (Brot und Rosen, S. 70.)
200 m durch die Alexanderstr., rechts in die Stickereistr. einbiegen, nach ca. 40 m links in die Sophienstraße
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