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Schriftsteller der Frühen Neuzeit
Sylvia Weigelt
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Wie Luthers Deutsch die Entstehung der hochdeutschen Schriftsprache prägte, trug Fritz Reuter mit Romanen wie »Ut mîne Stromtid« (Aus meiner Wanderzeit) zur Konsolidierung des Niederdeutschen bei. Als einer der bestbezahlten Literaten seiner Zeit ließ Reuter, nachdem er 1863 von Neubrandenburg nach Eisenach gezogen war, 1866–1868 die Villa im neogotischen Stil als Abbild einer »echt römischen Villa« erbauen, in der er bis zu seinem Tod 1874 lebte. Mit dem Tod seiner Frau 1894 ging das Haus per Testament an die Deutsche Schillerstiftung Weimar über, von der es die Stadt später erwarb und als Museum [neben Reuters Geburtsstadt Stavenhagen das größte Reuter-Museum Deutschlands] einrichtete. Erhalten blieben Reuters Original-Mobiliar und auch der Salon, in dem heute Konzerte, Lesungen, Trauungen … stattfinden.
»In fünfzig Jahren werde ich der Beherrscher der musikalischen Welt sein«– hatte Richard Wagner schon zu Beginn seiner Karriere prophezeit. An Selbstbewusstsein mangelte es dem jungen, 1,66 m großen Mann offenbar nicht. Doch er besaß tatsächlich – wie selbst seine größten Kritiker bestätigen – eine überaus starke Ausstrahlung, die manchen in seinen Bann zog.
Text: »Er sprach unglaublich viel und schnell, in monoton singendem sächsischem Dialekt; er sprach in einem fort und immer von sich selbst, von seinen Werken, seinen Reformen, seinen Plänen. Er war der personifizierte Egoismus, rastlos tätig für sich selbst, teilnahmslos, rücksichtslos gegen andere. Dabei übte er doch den unbegreiflichen Zauber, sich Freunde zu machen und sie festzuhalten. Die hypnotisierende Gewalt, welche Wagner nicht bloß durch seine Musik ausübte, sondern auch durch seine Persönlichkeit, reicht hin, ihn zu einer der bedeutendsten Erscheinungen, zu einem Phänomen von Energie und Begabung zu stempeln.« (Eduard Hanslick: Aus meinem Leben, Berlin 1911).
Die Sammlung Wagner erwarb die Stadt Eisenach 1895 von dem Wiener Wagnerianer Oesterlein. Es ist neben Bayreuth die umfangreichste Wagner-Sammlung überhaupt.
1897 gab es hier die erste Wagner-Ausstellung (u.a. Originalbriefe, Rienzi-Partitur, Steckbrief, in dem Wagner als »gefährliches Individuum«, 1853, gesucht wird).
Wagner kam 1842 auf seiner Reise von Paris nach Dresden erstmals durch Eisenach und sah die Wartburg:
Text: »Einen wirklichen Lichtblick gewährte mir die Begegnung mit der Wartburg, an welcher wir in der einzigen sonnenhellen Stunden dieser Reise vorüberfuhren. Der Anblick des Bergschlosses, welches sich, wenn man von Fulda herkommt, längere Zeit bereits sehr vorteilhaft darstellt, regte mich ungemein warm an. Einen seitab von ihr gelegenen fernen Bergrücken stempelte ich sogleich zum Hörselberg und konstruierte mir so, in dem Tal dahinfahrend, die Szene zum dritten Akt meines ‚Tannhäuser‘. So dünkt es mich eine weissagungsvolle Beziehung, dass ich die so geschichts- und mythenreiche Wartburg eben jetzt zum ersten Male leibhaftig vor mir sah« (R. Wagner: Mein Leben).
In seinem »Tannhäuser« verbindet Wagner die Tannhuser-Sage mit der dem Hörselberg nahe liegenden Wartburg und der Sage vom Sängerkrieg. Zudem lässt er mit Elisabeth, der Nichte des Landgrafen, den Legendenkreis um die heilige Elisabeth anklingen.
Der Tannhäuser ist ein historisch bezeugter Minnesänger. Sein Busslied steht am Beginn der Tannhuser-Ballade.
Auf der ca. 800 m Wanderung über die Eselsstation zum Elisabeth-Plan wird die Ballade vom Tannhäuser erzählt:
Text: Der Ritter Tannhauser, ein begabter Minnesänger, hatte vom Musenhof Hermanns gehört. Doch auf dem Weg dorthin, am Hörselberg, begegnet er der verführerischen Frau Venus am Eingang einer Felsengrotte, aus der liebliche Weisen klingen. Frau und Lieder ziehen ihn in ihren Bann. Nach einem unbeschwerten und genussvollen Jahr aber kommen dem Tannhauser Bedenken ob seines Lebenswandels. Sein Gewissen meldet sich und er begehrt den Ort der Sünde schnellstens zu verlassen, um sein Vergehen durch Reue und Buße zu sühnen. Venus setzt alle weibliche List ein, ihn zu halten. Doch Tannhausers Reue ist stärker, und als er schließlich die Jungfrau Maria anruft, muss ihn Venus ziehen lassen.
In Büßerkleidung begibt er sich nach Rom zum Papst, beichtet seine Schuld und bittet um Vergebung seiner Sünden. Doch der Papst antwortet: »So wenig, wie dieser dürre Stab, den ich in der Hand halte, jemals wieder grün wird, so wenig kannst du hoffen, dass dir jemals Gnade und Verzeihung zu Teil wird!« Verzweifelt über Gottes Härte bleibt dem Tannhauser nur der Weg zurück zu Frau Venus und ihrem Zauberberg, wo er mit offenen Armen aufgenommen wird.
Nach drei Tagen aber geschieht das Wunder: Der Stab des Papstes treibt frisches Grün, das sichtliche Zeichen dafür, dass der barmherzige Gott dem Sünder vergeben hat. Doch die sogleich ausgesandten päpstlichen Boten können den Tannhauser nirgends finden, um ihm die frohe Botschaft zu verkünden. Bis auf den heutigen Tag ist er noch nicht wieder aus dem Hörselberg zurückgekehrt. (Nacherzählung Weigelt)
Abb.: Foto: Jens-Fietje Dwars.
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