Personen
Thema
Externe Informationen
Jens Kirsten
Thüringer Literaturrat e.V.
Europa ist ein Gedicht? Europa ist ein Gedicht! Das zumindest behaupten wir. »Wir alle, Volk von Europa, dem alten Europa, der Stiere und Krieger, dem neuen Europa der friedlichen Träumer, wir, Volk von Europa, so verschieden, so gleich, aus allen Berufen, Fächern und Richtungen, Hand und Verstand, einfach und stolz, wohlhabend und arm, traurig und froh.«
Am Donnerstag, dem 28. März 2019, war der Thüringer Literaturrat in der Abtei Neumünster in Luxemburg zu Gast, um dort das »Europäische Grundgesetz in Versen« vorzustellen. Es ist – wie wir finden – nicht nur ein poetische Antwort auf die nüchternen und zuweilen recht abstrakten Gesetzestexte, die die Europäische Union mit sich bringt. Es ist vor allem eine Liebeserklärung an Europa.
Nachdem wir das »Europäische Grundgesetz in Versen«, ein mitreißendes Manifest für ein liberales und gerechtes Europa einer Gruppe von Brüsseler Dichtern, in den vergangenen Jahren in Erfurt, Berlin und in der Thüringer Landesvertretung in Brüssel vorgestellt hatten, gastierten wir damit nun in Luxemburg. Aus Brüssel kam der Rapper Manza, der zum Brüsseler Dichterkollektiv gehört wie auch Geert van Istendael, dem spiritus rector des »Europäischen Grundgesetzes in Versen«, der aus Krankheitsgründen leider kurzfristig absagen musste. Für ihn sprang der Schauspieler Steve Karier ein. Auf Anregung von Marie-Thérése Klopp vom Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments in Luxemburg hatten wir den Dichter und Schriftsteller Guy Helminger eingeladen, der aus Luxemburg stammt und seit vielen Jahren in Köln lebt und arbeitet. Wie sich bei der Probe am Nachmittag herausstellte, drückten Helminger und Karier vor vielen Jahren gemeinsam die Schulbank. Aus Thüringen kamen Daniela Danz, Christoph Schmitz-Scholemann und Jens Kirsten – als Schriftsteller und als Vertreter des Thüringer Literaturrates.
Die Kooperation mit dem Institut Pierre Werner und dem Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments in Luxemburg erwies sich als ausgesprochener Glücksfall. Nicht nur die Vorbereitungen liefen Hand in Hand – die persönliche Begegnung mit Marie-Thérése Klopp und Christoph Schröder vom Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments zeigte uns, dass ein gemeinsames Nachdenken über Europa weit mehr als nur ein Lippenbekenntnis sein kann.
Olivier Frank und Diane Krüger vom Institut »Pierre Werner« empfingen uns sehr herzlich. Während des Gesprächs im Institut waren wir umgeben von Plakaten. Allenthalben Schriftstellerköpfe, die auch wir von eigenen Veranstaltungen kannten. Unter ihnen die von Jürgen Becker, Kathrin Schmidt und , um nur zwei mit Bezug zu Thüringen zu nennen. Poesie verbindet über Ländergrenzen hinweg.
Am Abend standen wir sechs gemeinsam vor einem vollen Saal. Siebzig Personen füllten die mit Deckengemälde und Altar ausgestattete »Chapelle«, die heute als Veranstaltungsraum dienende ehemalige Gefängnis-Kapelle in der Abtei. Die größte Gruppe im Publikum bildeten 22 Schülerinnen und Schüler eines luxemburgischen Gymnasiums. Hier gelang, was in Thüringen (und anderswo) oft daran scheitert, dass Abendveranstaltungen außerhalb der Schulzeit liegen. Obgleich Christoph Schmitz-Scholemann ankündigte, dass sechzig Minuten Lyrik ein nicht leicht zu bewältigender Stoff seien, ging das Publikum hörbar und sichtbar mit und fühlte sich bestens unterhalten und unterrichtet: Über das Recht auf Apfelbäume, das Recht auf Fresssucht und Korpulenz und auf Faulheit ebenso wie über Demokratie, den Rechtsstaat und die Freiheit. Lang anhaltender, herzlicher Applaus und anschließend beim – vom Europa-Parlament spendierten kleinen Umtrunk – engagierte und fröhliche Gespräche mit jeder Menge Lob für die Akteure.
Später, beim gemeinsamen Abendessen, erfuhren wir von Guy Helminger, dass er mehrfach schon in Thüringen gelesen hatte und dass Steve Karier im September 2019 auf Einladung von Rolf C. Hemke beim Kunstfest in Weimar mit einer Performance dabei sein wird. Er erzählte uns auch, dass in Luxemburg kein Sommerfest ohne Bratwürste denkbar sei, die hier seit Urzeiten »Thüringer« hießen, bis ein findiger Thüringer auf die Idee kam, den Begriff »Thüringer Rostbratwurst« schützen zu lassen. Ob hier das Grundrecht auf Dummheit zum Zug kam, sei dahingestellt. Dass dieser Zeitgenosse, der den Luxemburgern ihre Bratwurst abspenstig machen wollte, das Zeug zum Anti-Kulturbotschafter Thüringens habe, darüber waren wir uns einig. »Wie nennt man denn nun die Bratwürste in Luxemburg?«, wollte ich von Steve Karier wissen, »Thüringer« natürlich, war die einfache Antwort.
Abb. 1-5: Fotos Jessica Theisen, Institut »Pierre Werner« Luxembourg.
›Literaturland Thüringen‹ ist eine gemeinsame Initiative von
Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen · Thüringer Literaturrat e. V. · MDR-Figaro · MDR Thüringen – Das Radio
Gestaltung und Umsetzung XPDT : Marken & Kommunikation © 2011-2024 [XPDT.DE]
© Thüringer Literaturrat e.V. [http://www.thueringer-literaturrat.de]
URL dieser Seite: [https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/13647-2/]