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Jens Kirsten
Thüringer Literaturrat e.V. / Die Reihe »Gelesen & Wiedergelesen« entstand mit freundlicher Unterstützung der Thüringer Staatskanzlei.
Gelesen von Jens Kirsten
Milein Cosman – eine Malerin aus Gotha
Mit dem Buch »Milein Cosman – Lebenslinien« haben Julian Hogg und Thomas B. Schumann in der Edition Memoria (Hürth) einen fulminanten Bildband vorgelegt, der eine in Thüringen bislang weitgehend unbekannte Künstlerin vorstellt. Milein Cosman wurde 1921 in Gotha als Kind jüdischer Eltern geboren, mit denen sie in Gotha und später in Düsseldorf lebte. Nach 1933 emigierte sie über die Schweiz nach England, wo sie heute lebt. Der Band über Milein Cosman gibt Einblick in das Lebenswerk einer außergewöhnlich begabten Malerin, Grafikerin und Zeichnerin, die in Großbritannien hohes Ansehen geniesst.
Ihre frühen Zeichnungen und Bilder, die vor 1945 entstanden, zeigen eindrucksvolle Millieustudien und Porträts, deren künstlerischer Anspruch und Ausführung sie an die Seite namhafter Zeitgenossen wie Karl Schmidt-Rottluff, Ernst Ludwig Kirchner und anderer stellt. Bereits hier ist angelegt, was sie später zur Meisterschaft führen sollte: ihre unvergleichliches Talent für das Porträt. John Heartfield, Martin Buber, Elias Canetti, Erich Fried, Thomas Mann, Jean Cocteau, T. S. Eliot, Helene Weigel, Joseph Beuys, Francis Bacon, Henry Moore – die Liste der von ihr Porträtierten liest sich wie ein Who is who der Berühmten des 20. Jahrhunderts. Wer Milein Cosmans Radierungen, Holzschnitte, Kohle- und Federzeichnungen betrachtet, erkennt, dass ihr nichts ferner liegt, als sich im Ruhm anderer zu sonnen, sondern dass sie sich intensiv mit ihrem jeweiligen Gegenüber auseinanderzusetzen versteht. Allein den Musikerporträts widmet der Band ein eigenes Kapitel. Arturo Toscanini, Wilhelm Furtwängler, Alfred Brendel, Otto Klemperer, Bruno Walter, Rafael Kubelik, Artur Schnabel, Richard Strauss, Artur Rubinstein, Yehudi Menuhin sind nur einige Namen, die stellvertretend für Cosmans musikalisch-zeichnerischen Dialog stehen. Denn Cosman zeichnet, radiert oder laviert ihre Figuren nicht statisch, sie zeigt sie im Spiel, fängt für die Betrachter einen unverwechselbaren Gestus ein, so dass der lebendige Eindruck entsteht – hier steht man dem Künstler direkt gegenüber. Folgerichtig schließt sich im Band ein Kapitel über Tänzer an, welches ihre Leidenschaft für die Bewegung kongenial unterstreicht.
Verblüffend ist bei all dem die Vielseitigkeit ihres künstlerischen Ausdrucks, über den man ins Schwärmen geraten kann. Der deutsch-englische Band, der neben einem kurzen autobiographischen Text der Künstlerin, in dem sie über die Erinnerungen an ihre Kindheit in Deutschland schreibt, noch einen knappen Text des britischen Kunstkritikers Sir Ernst Hans Gombrich über Cosman enthält, zeigt in sechs Kapiteln einen Ausschnitt aus ihrem Werk, das unbedingt Beachtung in Deutschland und insbesondere Thüringen verdient. Gotha darf sich rühmen, nicht nur Hannah Höchs Geburtsort zu sein, sondern auch der von Milein Cosman.
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