Person
Ort
Thema
Schriftsteller der Frühen Neuzeit
Sylvia Weigelt
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
»In der Kirche angekommen, wählten sie ein Gestühl direkt gegenüber dem gekreuzigten Jesus. Sogleich sank Elisabeth nieder, nahm ihre Krone ab und legte sich auf den bloßen Boden. Als das Frau Sophia gewahr wurde, sprach sie: «Jungfrau Elisabeth! Was soll das? Wollt Ihr jetzt neue Sitten einführen, dass die Leute über uns lachen? Eine Jungfrau soll aufgerichtet stehen und nicht niederfallen, wie eine, die nicht ganz bei Verstand ist oder wie die alten Nonnen, die so gebrechlich sind, dass sie das Gesicht auf die Bank legen müssen. Welche Ungezogenheit wollt Ihr noch begehen? Seid Ihr nicht imstande, solange mit uns zu stehen, bis wir sitzen oder knien? Benehmt Euch nicht wie ein unerzogenes, törichtes Kind! Ist Euch Eure Krone zu schwer geworden oder was soll Euer wunderliches Tun?« (Brot und Rosen)
Im Mittelalter besaß Eisenach neben zahlreichen Kirchen und Klöstern auch einen Dom. Hier soll das Kind Elisabeth einst Landgräfin Sophia mit ihrer Demut in Rage versetzt haben. Heute erinnern allein Straßennamen wie ›Frauenplan‹ oder ›Marienstraße‹ an die Kirche Unserer Lieben Frau. Auch das ehemalige Frauentor, das Elisabeth aus Bamberg kommend passierte, bekam seinen Namen von dieser Kirche.
Am Marienstift war der bekannte Eisenacher Literat und Thüringen-Chronist Johannes Rothe (um 1360–1534) Domherr. Während des Eisenacher Pfaffensturms 1525 wurde der Dom schwer verwüstet und nicht wiederaufgebaut. Im 17. Jahrhundert wurden die Steine des Doms zum Bau der Kreuzkirche auf dem Alten Friedhof verwendet. Die teilweise noch erhaltenen – einst zum Dom führenden – Stufen bezeugen den hohen Rang, den diese einst überaus prächtige Kirche – so zeigen sie ältere Stiche und Gemälde – im Gefüge der Stadt besaß.
Luther wird den Dom vermutlich gut gekannt haben; Denn der von ihm hochverehrte Musiklehrer Johannes Braun war hier Vikar. Dieser könnte die Wurzeln der lebenslang anhaltenden Liebe Luthers zur Musik gelegt haben.
»Denn die Musik ist eine Gabe und ein Geschenk Gottes, nicht ein Menschengeschenk. So vertreibt sie auch den Teufel und macht die Leute fröhlich; man vergisst dabei allen Zorns, Unkeuschheit, Hoffart und andere Laster. Ich gebe nach der Theologie der Musik die nächste Stelle und die höchste Ehre.« (Tischreden)
»Singen ist eine feine edle Kunst und Übung … Singen hat nichts mit der Welt zu tun … Wer singt, der sorgt nicht viel. Er schlägt alle Sorgen aus und ist guter Dinge.« (Tischreden)
»Es müssen beide, Text und Noten, Akzent, Weise und Gebärde aus rechter Muttersprache und Stimme kommen, sonst ist alles ein Nachahmen, wie die Affen tun.« (Wider die himmlischen Propheten, 1525)
›Literaturland Thüringen‹ ist eine gemeinsame Initiative von
Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen · Thüringer Literaturrat e. V. · MDR-Figaro · MDR Thüringen – Das Radio
Gestaltung und Umsetzung XPDT : Marken & Kommunikation © 2011-2025 [XPDT.DE]
© Thüringer Literaturrat e.V. [http://www.thueringer-literaturrat.de]
URL dieser Seite: [https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/dem-volk-aufs-maul-geschaut-luther-in-eisenach/die-marienkirche-der-dom/]