Bad Tabarz
[Gemeinde]

Lite­ra­ri­sche Bedeu­tung erhielt Tab­arz durch die Besu­che von Theo­dor Fonane, der hier mit sei­ner Ehe­frau Emi­lie, Sohn Theo­dor und Toch­ter Mete vom 7. 7.–25. 8. 1873 »sie­ben ange­nehme Wochen« ver­lebte, wie er in sei­nem Tage­buch schreibt. Doch gab es in der immer noch sehr dörf­li­chen Umge­bung auch man­ches, was den Groß­städ­ter störte (»ein Blick auf Berg und Wiese ist ange­nehm, Kin­der­ge­schrei und Hüh­ner­ge­ga­cker sind unan­ge­nehm«, schrieb er am 8. 7. 1873 an Mat­hilde von Rohr. Fon­tane hatte sich auf diese Som­mer­fri­sche gut vor­be­rei­tet und die Thü­rin­gen-Bücher von Hein­rich Schwerdt und Alex­an­der Zieg­ler exzer­piert. Damit gut aus­ge­rüs­tet, ging Fon­tane von Tab­arz aus auf Ent­e­de­ckungs­fahr­ten. Hier emp­fing er auch immer wie­der Freunde und Bekannte, unter ande­rem Hen­ri­ette von Merckel, deren Mann er von Eng­land her kannte, und Mat­hilde von Rohr, eine Stifts­dame aus dem meck­len­burg. Klos­ter Dob­ber­tin, mit der er jahr­zehn­te­lang kor­re­spon­dierte und die ihm Details aus dem Adels­le­ben anvertraute.

Neben Fon­tane kurte Hein­rich Hoff­mann, nach­dem er nach dem Ent­fer­nen einer bös­ar­ti­gen Geschwulst keine Hei­lung gefun­den hatte, auf Anra­ten sei­nes Arz­tes zwi­schen Herbst 1886 und sei­nem Todes­jahr mit sei­ner Fami­lie fünf­mal für einige Wochen in Tab­arz, im mit sei­nen Wor­ten »für uns schöns­ten liebs­ten Wald­win­kel«. Hoff­mann war Arzt in Frank­furt am Main und erwarb sich in der Jugend­psych­ia­trie beacht­li­che Ver­dienste. Berühmt wurde er jedoch mit dem in alle euro­päi­schen Spra­chen über­setz­ten Kin­der­buch »Der Struwwl­e­pe­ter«, das 1845 erschien. Über seine Tab­arz-Auf­ent­halte hat Hoff­mann in sei­ner Auto­bio­gra­phie »Struw­wel­pe­ter-Hoff­mann erzählt aus sei­nem Leben« 1926 geschrie­ben. Die auf der Mär­chen­wiese auf­ge­stell­ten Holz­fi­gu­ren ver­wei­sen dar­auf. Dar­über schreibt der in Tab­arz lebende Schrift­stel­ler Sieg­fried Nucke: »Die ganze Struw­wel­pe­ter-Epo­pöe ist über­manns­groß und per­fekt in Szene, will man mei­nen, ins Holz geschnitzt. Text­schwa­che Besu­cher bekom­men Lese­hilfe.« – Auch Carl Stern­heim war mehr­mals in Tab­arz, zuerst im Som­mer 1898, um die Eltern in ihrem Som­mer­haus zu besu­chen, dann im Juli 1900 für meh­rere Wochen.

Der 1908 in Kai­sers­lau­tern gebo­rene Schrift­stel­ler Franz Ham­mer starb 1985 in Tab­arz. Ham­mer wuchs nach dem Kriegs­tod des Vaters seit 1914 in Eisen­ach auf, wo er zur Jugend­be­we­gung und spä­ter zur Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei fand. 1933 hatte man ihn für kurze Zeit ver­haf­tet. Nach die­ser Erfah­rung passte er sich dem Sys­tem an und arbei­tete für den NS-Kul­tur­dienst.. In sei­ner Auto­bio­gra­phie »Traum und Wirk­lich­keit« von 1975 bean­spruchte Ham­mer jedoch für sich einen makel­lo­sen »anti­fa­schis­ti­schen« Lebens­weg. Des­halb ver­suchte er nach 1945, naht­los an seine Ent­wick­lung in der Wei­ma­rer Repu­blik anzu­knüp­fen und nahm auf das Kul­tur­le­ben Thü­rin­gens gro­ßen Ein­fluss, erfuhr aber Ent­täu­schung und Abdrän­gung in die Pro­vinz. – Ham­mer lebte seit 1951 in Tab­arz am Burg­holz 16, wo die Lite­ra­tur­ent­wick­lung über ihn, der nur noch Neben­werke schuf, hin­weg­ging. Von 1971 bis 1985 war er Gene­ral­se­kre­tär der Deut­schen Schil­ler­stif­tung, die aller­dings in der DDR kaum öffent­lich wahr­ge­nom­men wurde.

Heute leben in Tab­arz die Schrift­stel­ler Sieg­fried Nucke und Bernd Ritter.

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