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Thema
Wulf Kirsten
Alle Rechte liegen beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung.
Wulf Kirsten
an Bad Sulza vorübergefahren
einst im august an Bad Sulza vorüber,
allwo Thüringen endet, wär nicht schon
vergeben einsamer nie, wo grannenweizen
gedieh, rebgelände hoch hinauf, von dem
sich die winzer eine reiche ernte ver–
sprachen, ein arbeiter trug einen pfosten
geschultert gleisentlang, wohin stapfte
der mann, der dem gesichtsfeld entwich?
Dichtbei dröhnt ein passagier,
Thomas Bernhard hielt es mit schleifen–
prosa und exzessiven satzgebilden
wie über die schwierigkeit, den ersten
satz zu schreiben, sein insistierender
stilwille aufgestockt durch
wiederholungen bis zum gehtnichtmehr,
das kupeefenster schnippt sofort
wieder nach oben, als rief es,
schluß mit dem gelaber, während ich
ohn unterlaß schwitze bei mindestens
30 grad, geht mir ein, ein gedicht
vernommen zu haben, das ich ihm glattweg
entwenden werde, während ich mal stand,
mal saß in einem bummelnden IC–Zug,
der noch hoch an die Ostsee wollte,
seitwärts der fluß, dem ein Oskar
das doppelsaalelied zugedacht, schon
sind wir in Saumburg an der Nahle,
sollt ich nicht doch zugeben, am ende
mir selbst begegnet zu sein, unterwegs
nach Binz? Mein selbstvertrauen setzt
auf eine rückfahrkarte und den strohhut,
der den schädelindex schützt.
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