Philipp Heinrich Welcker – »Hörselberg«

Thema

Jede Woche ein Gedicht

Autor

Philipp Heinrich Welcker

aus: Philipp Heinrich Welcker: Thüringer Lieder. Hgg. von J.G. Müller, Gotha 1831.

Phil­ipp Hein­rich Welcker

Hör­sel­berg

 

Du Fabel­haf­ter! Von dem Rachefeuer
Ist nun Dein hoh­les Ein­ge­weide leer;
Kein Geis­ter­schwarm erscheint, kein Ungeheuer,
Kein finstrer Mann an Dei­ner Pforte mehr;
Nur, gleich den Spu­ren alter Abenteuer,
Läuft dunkle Schrift um Deine Schei­tel her.
Ich seh‹ die Fur­chen, klopf‹ an Deine Stufen;
Ich klopfe drei Mal. Kann ich wach Dich rufen?

Dein Rücken raget still zum Abendhimmel,
Wo jetzt ein Wol­ken­gür­tel blit­zend loht.
Wo bleibt das schöne Weib, das vom Gewimmel
Her­aus­ge­tre­ten, oft Ver­su­chung droht?
Wo ist der War­ner mit­ten im Getümmel?
Vor­über ist Dein Bann und Dein Gebot.
Frei wur­den Mönch und Nonne, Fürst und Kaiser,
Vasall und Räu­ber und auch – der Tannhäuser.

Du Geis­ter­berg, Du liegst im fes­ten Schlafe,
Mit die­ser Welt, der uns­ri­gen, entzweit,
Ein frem­der nun, ein abge­schied­ner Sklave,
Ver­sto­ßen von der hel­len, kal­ten Zeit!
Dein Schat­ten gibt auf aus­ge­brann­ter Lave
Der Sonne jetzt im Sin­ken des Geleit.
Und Däm­me­rung kommt. Da fühlst Du wie­der Leben;
Das Mär­chen singt – und Traum­ge­stal­ten schweben!

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