Der Geburtstag von Sophie Mereau (1770–1806), die in Altenburg zur Welt kam und im Umkreis der Jenaer Frühromantiker Gedichte und Romane verfasst hat, jährt sich am 27. März zum 250. Male. Wir nehmen dieses Jubiläum zum Anlass, um in Geschichte und Gegenwart zu erkunden, ob Frauen anders als Männer schreiben.
»Weibliches Schreiben« war einmal ein Kampffeld, auf dem um Deutungshoheit gerungen wurde, ein Fahnenwort der Emanzipationsbewegungen in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Heute scheint das Thema kaum noch eine Rolle zu spielen, trotz Me-too-Rummel in den Massenmedien. Geschlechterdebatten werden nur noch um »gender-gerechte« Anreden geführt, die Frage, inwieweit das Geschlecht das Schreiben selber prägt, welches Potential darin steckt, taucht kaum noch auf. Wir haben daher Autorinnen und Autoren gebeten, über das Thema nachzudenken. Unter anderem erinnern Christoph Schmitz-Scholemann an die legendäre Sappho und Verena Paul-Zinserling an eine gekränte Poetin aus Erfurt (Sidonia Zäunemann), Ulrike Müller bedenkt die Versuche von Caroline Schlegel und Charlotte von Stein, sich mit Ironie männlicher Normsetzungen zu erwehren, Kerstin Decker berichtet über die Schreiberfahrungen von Lou von Salomé bei Nietzsche, Katrin Lemke zeigt, wie zweifelhaft das Lob der Männer (gegenüber Helene Voigt-Diederichs) sein kann, Wilhelm Bartsch erzählt von seinen Zauberlehrjahren bei Sarah Kirsch, Kathrin Schmidt erinnert an Christa Wolf und Christine Hansmann an Gisela Kraft. Wortmeldungen zum »weiblichen Schreiben« (u.a. von Róža Domašcyna) führen ins Hier und Heute. Neue Lyrik bringen wir u.a. von Christa Cibulka, Ingo Cesaro und Michael Hillen. Neue Prosa von Kathrin Groß-Striffler und Rainer Wedler. Besonders stark ist der Essay-Block mit Texten von Friedrich Dieckmann, Rolf Schneider, Ulrich Kaufmann und der letzten Goethe-Studie Bernd Leistners. Und mit Detlef Ignasiak sprechen wir über seinen 1000-seitigen Literaturführer durch Thüringen, der nach 20 Jahren Arbeit zu Ostern erscheint.
Unter »Literarischer Spurensuche« gedenken wir des 250. Geburtstages von Hölderlin, der vor 225 Jahren daran gescheitert ist, in Jena Fuß zu fassen. Wir bringen eine Kritik der Hölderlin-Biografie von Safranski und die Adaption eines Hölderlin-Motivs von Roland Bärwinkel.
Für den Einband konnten wir Angela Hampel gewinnen. Lesen Sie das Interview mit der Dresdnerin, die seit 1985 wehrhaft stolze Frauen zeichnet, also auf Papier und Leinwand »weibliches Schreiben« auf andere Art praktiziert.
Jens‑F. Dwars
Einbandgrafik Angela Hampel / Einbandgestaltung Jens-F. Dwars.
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