Im Zeichen der Palme: Literatur und Grafik aus Mitteldeutschland – Ausstellungseröffnung am 11. März 2023 auf Schloss Burgk

Person

Jens-Fietje Dwars

Ort

Museum Schloß Burgk

Thema

Aktuelles

Autor

Jens-F. Dwars

Alle Rechte beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Im Zei­chen der Palme: Lite­ra­tur und Gra­fik aus Mitteldeutschland
30 Jahre Thü­rin­ger Lite­ra­tur­zeit­schrift Palm­baum im Spie­gel ihrer Einbände

Aus­stel­lung auf Schloss Burgk vom 11. März bis 25. Juni 2023

 

 

Die Thü­rin­ger Lite­ra­tur­zeit­schrift heißt nicht „Tan­nen­baum“, weil sie nicht (nur) Wie­sen und Wäl­der besingt. Ihr Vor­bild ist die „Frucht­brin­gende Gesell­schaft“, die 1617 in Wei­mar geschaf­fen wurde. Am Vor­abend des ver­hee­rends­ten aller euro­päi­schen Kriege beschlos­sen die regie­ren­den Fürs­ten der pro­tes­tan­ti­schen Höfe keine Auf­rüs­tungs- oder Wirt­schafts­pro­gramme. Um eine Ver­stän­di­gung im zer­ris­se­nen Deutsch­land her­bei­zu­füh­ren, hiel­ten sie nichts für not­wen­di­ger als die För­de­rung der deut­schen Spra­che und Lite­ra­tur. Ihr Leit­spruch war „Alles zu Nut­zen“, ihr Erken­nungs­zei­chen die viel­fach nutz­bare Palme.

1992 grün­dete Det­lef Igna­siak in Jena die Literar­his­to­ri­sche Gesell­schaft Palm­baum, die seit 1993 die Zeit­schrift „Palm­baum. Lite­ra­ri­sches Jour­nal aus Thü­rin­gen“ her­aus­gibt. Sie erscheint zwei­mal jähr­lich im quar­tus-Ver­lag Bucha, seit 2016 in Zusam­men­ar­beit mit dem Thü­rin­ger Literaturrat.

Vol­ker Braun nennt die Hefte „wahre Wun­der­kam­mern“, weil jedes davon einem Titel­thema gewid­met ist. Der „Palm­baum“ bringt nicht nur, wie andere Lite­ra­tur­zeit­schrif­ten, neue Prosa, Lyrik und Essays, son­dern wid­met sich auch dem rei­chen kul­tu­rel­len Erbe Thü­rin­gens und Streit­fra­gen der Gegen­wart. Weib­li­ches Schrei­ben, Stim­men der Natur und Lite­ra­tur in einer zuneh­mend absur­den Welt waren jüngste The­men, das März-Heft stellt Reich­tum in Frage: Was ist ein rei­ches Leben? Woran kann man es erken­nen, gar messen?

2005 hat Jens‑F. Dwars die Redak­tion über­nom­men. Seit­dem wer­den die Ein­bände von Thü­rin­ger und mit­tel­deut­schen Künst­lern gestal­tet. Der Rei­gen der Betei­lig­ten reicht von Ger­hard Alten­bourg über Moritz Götze, Angela Ham­pel, Karl-Georg Hirsch, Horst Hus­sel, Gerda Lepke, Gerd Macken­sen, Klaus Süß und Stra­walde bis zu Hans Ticha, Max Uhlig und Bald­win Zettl. All diese und wei­tere nam­hafte Künst­ler hat­ten in den ver­gan­ge­nen Jah­ren Per­so­nal­aus­stel­lun­gen im Museum auf Schloß Burgk. Das hoch über der Saa­le­tal­sperre gele­gene Schloß bie­tet nicht nur einen mär­chen­haf­ten Aus­blick, es war auch mehr­fach Dreh­ort für Mär­chen­ver­fil­mun­gen. Und es hat sich zugleich zu einem Geheim­tipp für Kunst‑, vor allem Gra­fik-Lieb­ha­ber ent­wi­ckelt. Schon in den 1980er Jah­ren eröff­nete hier Lothar Lang ein Pirck­hei­mer-Kabi­nett für Gra­fik und Künstlerbücher.

Der Ort ist daher ideal, um das 30jährige Bestehen des „Palm­baums“ mit einer gro­ßen Aus­stel­lung vom 11. März bis 25. Juni zu fei­ern: einem Klas­sen­tref­fen mit­tel­deut­scher Lite­ra­tur und Gra­fik. Im Mit­tel­punkt ste­hen die 36 Ein­bände seit 2005 und ihre ori­gi­nal­gra­fi­schen Vor­la­gen. Durch den Ver­gleich von Zeich­nung, Andruck und Cover lässt sich exem­pla­risch nach­voll­zie­hen, was Buch­ge­stal­tung aus­macht: erst durch Aus­wahl, Ver­klei­ne­rung oder Ver­grö­ße­rung von Aus­schnit­ten, kom­bi­niert mit typo­gra­fi­schen Bau­stei­nen, ent­steht ein Ein­band, der die Leser anspre­chen und auf das Thema des Hef­tes ein­stim­men soll. So lädt die Aus­stel­lung auch dazu ein, den Pro­zess der Ent­ste­hung, der Mach­art heu­ti­ger Medien kri­tisch zu durchschauen.

In Vitri­nen wer­den ver­schie­dene Ein­band­ent­würfe und die fer­ti­gen Cover der Zeit­schrift gezeigt. Doku­mente aus der Geschichte der Zeit­schrift ergän­zen die Bil­der: Künst­ler­briefe von Karl-Georg Hirsch, Hans Ticha und Stra­walde, Manu­skripte von Vol­ker Braun, Rei­ner Kunze, Wulf Kirs­ten und Rein­hard Jirgl sowie in der Zeit­schrift erst­ver­öf­fent­lichte Auto­gra­fen von Gott­fried Benn, Gabriele Reu­ter, Paul Scheer­b­art und ande­ren nam­haf­ten Autoren.

Auch Bücher der Reihe „Palm­baum. Texte. Kul­tur­ge­schichte“ sowie die Bände der Edi­tion Orna­ment aus dem quar­tus-Ver­lag wer­den ein­be­zo­gen, die Texte und Gra­fi­ken ost­deut­scher Autoren und Künst­ler ver­ei­nen – mit Vor­zugs­gra­fi­ken von Moritz Götze, Horst Hus­sel, Angela Ham­pel, Felix Furtwäng­ler, Gerd Macken­sen, Bald­win Zettl, Kay Voigt­mann u.a.

Im Pirck­hei­mer-Kabi­nett sind die Gra­fik-Map­pen der Edi­tion Pirck­hei­mer sowie gra­fi­sche Bei­la­gen der „Mar­gi­na­lien. Zeit­schrift für Buch­kunst und Biblio­phi­lie“ zu sehen. Auch diese Zeit­schrift erscheint seit 2016 unter dem Dach des Thü­rin­ger quar­tus-Ver­la­ges. Neben den schon Genann­ten sind Clau­dia Berg, Die­ter Goltz­sche und Susanne Theu­mer mit Meis­ter­blät­tern vertreten.

Für Lieb­ha­ber der Gra­fik gibt es noch ein ero­ti­sches Kabi­nett mit Zeich­nun­gen von Gerd Macken­sen. Zu sehen sind seine Illus­tra­tio­nen für zwei Antho­lo­gien des „Men­an­tes-Prei­ses für ero­ti­sche Dich­tung“, den der Palm­baum von 2006 bis 2016 zusam­men mit der Kirch­ge­meinde (!) von Wan­ders­le­ben aus­ge­schrie­ben hat, sowie Bil­der zu Goe­thes „Ero­tica“, die unlängst in der Edi­tion Orna­ment erschie­nen sind.

Gute Gele­gen­hei­ten, die viel­schich­tige Aus­stel­lung mehr­fach zu besu­chen, bie­tet das Rahmenprogramm:

Die Aus­stel­lung star­tet am 11. März, 15 Uhr, mit einem Pau­ken­schlag. Unter dem Motto „Zur Not bleibt uns das Lachen!“ prä­sen­tie­ren Michael von Hint­zen­stern und Jens‑F. Dwars Dada-Texte und laden mit dem aktu­el­len „Palm­baum“ ein, die absurde Welt zu ver­la­chen. Sie erin­nern an den Dada-Kon­gress in Wei­mar und Jena 1922, der in einem Skan­dal endete. Hint­zen­stern wird Schwit­ters-Gedichte rezi­tie­ren und Dwars an der Orgel der Schloß­ka­pelle beglei­ten, der Texte von Scheer­b­art bis Hus­sel liest. Am Ende ver­zau­bert der Orga­nist und Impre­sa­rio der Wei­ma­rer Dada-Dekade das Publi­kum in einen mehr­stim­mi­gen Dada-Chor. Höchs­tes Ver­gnü­gen ist garan­tiert. Es darf aber auch von Her­zen gezicht und gepfif­fen wer­den – je lau­ter, desto dada.

Am ers­ten Mai, dem „Tag der Arbeit“ for­dern wir: „Reich­tum für alle!“ Ab 15 Uhr stel­len wir das neue Palm­baum-Heft vor, das danach fragt, worin wah­rer Reich­tum besteht. Ein Gespräch mit dem Mario­net­ten­spie­ler Hen­ning Hacke dreht sich um die Ver­wand­lun­gen des Reich­tums im Mär­chen, ums haben oder Sein. So auch im anschlie­ßen­den Pup­pen­spiel „Vom Fischer un syn Frau“, musi­ka­lisch beglei­tet vom Jazz­po­sau­nis­ten Frie­der W. Berg­ner Außer­dem hat an dem Nach­mit­tag das Buch zur Aus­stel­lung Pre­miere: „Ate­lier­ge­sprä­che“ mit 28 Por­träts ost­deut­scher Bil­der­ma­cher. Und besteht nicht in die­ser Viel­falt der Stim­men und Hand­schrif­ten der eigent­li­che Reichtum?

Am 18. Juni heißt es: „Ent­de­ckung eines kas­trier­ten Klas­siks“: die Schau­spie­le­rin Romy Gehrke liest aus Goe­thes „Ero­tica“, die 150 Jahre lang zen­siert wur­den und Jens‑F. Dwars spricht mit dem Maler Gerd Macken­sen über ero­ti­sche Kunst heute. Dazu pas­send spielt Mat­thias von Hint­zen­stern – Cello.

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