Arthur Schopenhauer – Auf die Gothaer Philister

Person

Arthur Schopenhauer

Thema

Jede Woche ein Gedicht

Autor

Arthur Schopenhauer

aus: Gedichte von an über A. S., hg. Arthur Hübscher, Zürich 1984.

Arthur Scho­pen­hauer

Auf die Gothaer Philister

 

Sie spä­hen, lau­schen, geben acht
Auf alles was geschiehet,
Was jeder treibt, was jeder macht,
Was jeder redet laut und sacht,
Nichts ihnen sich entziehet.
Durch Fens­ter ihre Bli­cke spähn,
Ihr Ohr lauscht an den Türen,
Es darf nichts unbe­merkt geschehn,
Die Katz nicht auf dem Dache gehn,
Daß sie es nicht erführen.
Des Men­schen Geist, Gedan­ken, Wert,
Das spitzt nicht ihre Ohren;
Wie viel all­jähr­lich er verzehrt
Und ob mit Recht der Mann gehört
Zu den Honoratioren,
Ob er zuerst zu grü­ßen ist,
Ob er »Herr von« und gnädig,
Ob Rat nur oder Canzelist,
Luther’scher oder röm’scher Christ,
Ver­ehe­licht oder ledig,
Sein Haus wie groß, sein Rock wie fein,
Wird gründ­lich wohl erwogen,
Doch: kann er uns von Nut­zen sein?
Wird jeder Rück­sicht groß und klein
Wie bil­lig vorgezogen.
Sonst frägt sich’s, was hält er von uns,
Von uns wie denkt und spricht er?
Da frägt man nach bei Hinz und Kunz,
Wiegt seine Wort mit Lot und Unz,
Erspä­het die Gesichter.

Diesen Artikel teilen:

Literaturland Thüringen‹ ist eine gemeinsame Initiative von
Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen · Thüringer Literaturrat e. V. · MDR-Figaro · MDR Thüringen – Das Radio

Gestaltung und Umsetzung XPDT : Marken & Kommunikation © 2011-2025 [XPDT.DE]
© Thüringer Literaturrat e.V. [http://www.thueringer-literaturrat.de]

URL dieser Seite: [https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/arthur-schopenhauer-auf-die-gothaer-philister/]