Anonym- »Ein-Thüringer-Lied«

Thema

Jede Woche ein Gedicht

Autor

Anonym

Aus: Johann Gottfried Herder (Hg.): Stimmen der Völker in Liedern, Leipzig 1972.

Anonym

Ein Thü­rin­ger-Lied

 

Aber so wolln wirs heben an,
Wie sich’s hat angespunnen,
Es ist in unser Herrn also gestalt,
Daß der Herrn Räthe treib’n groß‹ Gewalt,
Drauf haben sie gesunnen.

Thü­rin­ger­land, du bist ein fein gut Land,
Wer dich mit Treun thät meinen,
Du gibst uns des Wai­zen und des Weins so viel,
Du könnt’st einen Land’sherrn wohl ernähr’n,
Und bist ein Länd­lein so kleine.

Wo der Geier auf dem Gat­ter sizt,
Da dei­hen die Küch­lein selten;
Es dünkt mich ein selt­sam Narrenspiel,
Wel­cher Herr sein’n Räthen gehorcht so viel,
Muß man­cher arme Mann entgelten.

Ein edler Herr aus Thüringerland,
Her­zog Wil­helm von Sachsen,
Lies­set ihr die alten Schwert­gro­schen wie­der schla’n,
Als euer Vor­el­tern hab’n gethan,
So möchte‹ eur Heil wohl wie­der wachsen.

So wür­den die Städt‹ von Gelde reich,
So wür­den wie­der gute Zeiten,
So könn­ten euch eur arme Leut beistahn,
Wenn ihr sie in Nöthen thät rufen an,
Es wär zu stür­men oder zu streiten.

Wo das gut Geld im Land umfährt,
Das haben die Pfaf­fen und Juden,
Es ist dem rei­chen Mann alles unterthan,
Die den Wucher mit den Jüden ha’n,
Man ver­gleicht sie einem Stockruthen.

Hat einer dann der Pfen­nige nicht,
Er muß sie wahr­lich schicken,
Der rei­che Mann, der hats daheim in sei­nem Haus,
Er sieht gleich wie eine Stein­eule heraus,
So geschieht man­chem Armen oft und dicke.

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