Person
Thema
Jens-F. Dwars
Palmbaum - literarisches Journal aus Thüringen, Heft 1/2021.
Zensur? Das ist doch Schnee von gestern! Tatsächlich: die plumpe Zensur von Kirchen und Staaten, die unliebsame Bücher auf Verbotslisten stellten, durch »Druckgenehmigungs-verfahren« und mit vermeintlich wissenschaftlichen Gutachten in die Produktion eingriffen oder mittels Papierbeschränkungen die Auflagen knebelten, das alles ist in den meisten Ländern der Erde eine halb schon vergessene Geschichte. Auch deshalb lohnt es sich, an diese Geschichte(n) zu erinnern, mithin auch nach den Argumenten der Zensoren zu fragen, deren einer – Goethe war.
Und leben wir denn heute in gänzlich zensurfreien Zeiten? Manche behaupten, man dürfe »die Wahrheit« heute nicht mehr sagen, »Political Correctness« sei die neue Zensur, die uns zwinge, von Meinungshütern vorgegebene Worthülsen einzuhalten, um nicht an den Pranger gestellt zu werden. Da ist gewiss viel – kalkulierte – Übertreibung am Werk und oft sind die Anprangerer des Prangers selbst die größten Hexenjäger, die in der Anonymität des Internets Hass und Häme schüren. Dennoch bleibt es ein merkwürdiges Zeichen unserer Zeit, dass die Freiheit, sich öffentlich zu äußern, noch nie so groß war, und die Chance, damit etwas zu ändern, noch nie so gering. Vielleicht haben übereifrige Sprachregelungen bis hin zur Gender-Akkuratesse genau damit zu tun: wenigstens in der Wortwahl will man auf der Seite der Sieger stehn, wenn man schon sonst nichts zu wählen hat. Unfreiwillig komisch ist die Zensur an Goethes Erotica, wie man ihr mit Witz begegnen konnte zeigen Cover des Malik-Verlages, aber auch Texte von Wulf Kirsten und Lutz Rathenow.
Neue Lyrik bringen wir u.a. von Andreas Reimann und Thomas Böhme. Eine späte Entdeckung sind Nachlassgedichte von Herbert Sailer. Wie verschieden man über das sprechen kann, was gemeinhin »Liebe« genannt wird, demonstriert der Prosa-Block.
In einem ausführlichen Interview (13 Seiten!) gibt Sigrid Damm über ihr jüngstes Buch Auskunft, das von der durchaus widersprüchlichen Beziehung zwischen Goethe und »seinem« Herzog Carl August erzählt.
Unter »Literarischer Spurensuche« erinnern wir an Rahel Varnhagen und den Barockdichter Georg Neumark. Die wunderbar wilde Einbandzeichnung stammt von dem Hallenser Maler Rüdiger Giebler, der gemeinsam mit seinem Freund Moritz Götze die Nietzsche-Kirche in Pobles retten will. Eine verrückte Idee? Nein: eine lebendige! Die schönste Osterbotschaft: Der Geist von Kaisersaschern lebt …
Jens‑F. Dwars
Palmbaum - literarisches Journal aus Thüringen / Thüringer Literaturrat e.V.
›Literaturland Thüringen‹ ist eine gemeinsame Initiative von
Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen · Thüringer Literaturrat e. V. · MDR-Figaro · MDR Thüringen – Das Radio
Gestaltung und Umsetzung XPDT : Marken & Kommunikation © 2011-2025 [XPDT.DE]
© Thüringer Literaturrat e.V. [http://www.thueringer-literaturrat.de]
URL dieser Seite: [https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/palmbaum-literarisches-journal-aus-thueringen-heft-12021/]