Altenburg

Ort

Altenburg

Thema

Ortsporträts

Autor

Patrick Siebert

Detlef Ignasiak: Das literarische Thüringen, Bucha 2014.

Die Stadt Alten­burg, Resi­denz­stadt des ernes­ti­ni­schen Her­zog­tums Sach­sen-Alten­burg, ist bekannt für seine mehr als 500jährige Spiel­kar­ten­tra­di­tion. Prä­gend für das Stadt­bild sind nicht nur die roten Spit­zen genann­ten Türm der Mari­en­kir­che, son­dern vor allem das auf einem Por­phyr­fel­sen gele­gene Schloss aus dem 15. Jahr­hun­dert. Als kul­tu­relle Stätte von beson­de­rer Strahl­kraft hat sich seit sei­ner Grün­dung 1848 das Lin­denau-Museum mit der 2000 Pracht­bände umfas­sen­den Kunst­bi­blio­thek von Bern­hard August von Lin­denau (1779–1854) eta­bliert. Lin­denau lebte im Pohl­hof, einem um 1400 ent­stan­de­nen Frei­hof, in dem auch die Keim­zelle für das spä­tere Museum gelegt wurde. Hier wirk­ten auch Johann Tho­mas (1624–1679) und Johann Christ­fried Sagit­ta­rius (1617–1689). Zwei Autoren, die unter­schied­li­cher kaum sein konn­ten. Wäh­rend Sagit­ta­rius für Erbau­ungs­schrif­ten und bibli­sche Geschich­ten bekannt war, ist Tho­mas‘ zen­tra­les Werk der Schä­fer­ro­man »Damon und Lis­ille«, den Karl Wink­ler als »ein­zi­gen deut­schen Schä­fer­ro­man, der sich zum Range einer wirk­li­chen Dich­tung auf­schwingt« bezeich­nete. Kurze Zeit spä­ter wurde Gott­lieb Cober in Alten­burg gebo­ren, des­sen Name einem brei­ten Publi­kum mit der sozi­al­kri­ti­schen Schrift »Auf­rich­tige Cabi­net-Pre­di­ger« (1701) bekannt wurde. Den Beginn des Lie­des »Der Auf­schub«: »Mor­gen, mor­gen, nur nicht heute,/sagen allen fau­len Leute« (1766) kennt heute jeder. Chris­tian Felix Weiße, der Schöp­fer die­ses und vie­ler wei­te­rer Kin­der­lie­der ver­brachte seine Jugend in Alten­burg.
Wie viele andere Thü­rin­ger Resi­denz­städte erlebte auch Alten­burg um 1800 einen kul­tu­rel­len Höhe­punkt. Her­zog Ernst II. Lud­wig von Sach­sen-Gotha-Alten­burg nutzte zu die­ser Zeit seine Neben­re­si­denz ver­mehrt und die Stadt ent­wi­ckelte sich zu einem Zen­trum moder­nen Den­kens. Eine Trä­ge­rin des kul­tu­rel­len Lebens wurde die »Lite­ra­ri­sche Gesell­schaft«, deren Grün­dung auf das Jahr 1790 datiert. So konnte im Rah­men ihrer Wir­kung der zu die­ser Zeit viel­ge­le­sene Erzäh­ler Chris­tian Lebe­recht Heyne von einer Über­sied­lung nach Alten­burg über­zeugt wer­den. Er ver­weilte hier von 1798 bis 1805. In die­selbe Zeit fällt die Ent­wick­lung Johann Fried­rich Pie­rers zu einem bedeu­ten­den und bis heute bekann­ten Ver­le­ger. Er erwarb 1799 die Alten­bur­ger Hof­dru­cke­rei, aus der 1801 sein Ver­lag her­vor­ge­hen sollte. Seine Stief­schwes­ter war die 1770 in Alten­burg gebo­rene Sophie Mereau, die von Schil­ler geför­dert, bereits 1791 ihr ers­tes Gedicht in des­sen »Tha­lia« ver­öf­fent­lichte. Sie ent­wi­ckelte sich zu einer wich­ti­gen roman­ti­schen Lyri­ke­rin und Erzäh­le­rin. Auf ihren Vor­schlag hin ver­brachte Cle­mens Bren­tano den Som­mer 1800 in Alten­burg. Die­ser lernte hier die drei Rei­chen­bach-Schwes­tern ken­nen, denen er den 1. Band des Romans »Godwi« (1801) wid­mete. Auch in der Ver­bin­dung mit Pie­rer kam Fried­rich Arnold Brock­haus nach Alten­burg, wo er ab 1811 im Secken­dorff­schen Palais am Brühl wohnte. 1812 hei­ra­tete Brock­haus Jea­nette von Zschock in Alten­burg und legte die Grund­lage für sei­nen Lexi­kon-Ver­lag, indem er hier das seit 1809 erschei­nende »Con­ver­sa­ti­ons-Lexi­kon« wei­ter­ent­wi­ckelte.
1844 kam Alfred Edmund Brehm, der Schöp­fer des spä­ter nach ihm benann­ten Wer­kes »Illus­trir­tes Thier­le­ben«, nach Alten­burg, um eine Mau­er­lehre zu absol­vie­ren, die er im Sep­tem­ber 1846 abschloß. In diese Zeit fal­len auch die ers­ten Publi­ka­tio­nen von George Hese­kiel (»Der Hen­ker und sein Kind oder Alten­burg vor 200 Jah­ren« und »Preu­ßen­lie­der«), der von 1843 bis 1848 als Ange­stell­ter des Pie­rer-Ver­la­ges in Alten­burg beschäf­tigt war.
Unter Pseud­onym erschien 1928 der Anti­kriegs­ro­man »Schlump« des 1896 in Alten­burg gebo­re­nen Hans Her­bert Grimm. Das Buch wurde von den Nazis ver­brannt und geriet bis in die Gegen­wart in Ver­ges­sen­heit. Eine gänz­lich andere Form von Lite­ra­tur ver­fasste Claus Rit­ter, der vor allem als Schöp­fer von kul­tur­his­to­ri­schen Zukunfts­ent­wür­fen wie »Start nach Uto­po­lis. Eine Zukunfts­nost­al­gie« (1978) oder »Anno Uto­pia und So war die Zukunft« (1982) her­vor­trat. In der Gegen­wart spielt Alten­burg vor allem in Roma­nen Ingo Schul­zes wie »Simple Sto­ries« (1996), des­sen Hand­lungs­raum die Stadt bil­det, und »Neue Leben« (2005) eine Rolle.
Ein sehr belieb­ter Büh­nen­stoff ist der »Alten­bur­ger Prin­zen­raub« von 1455, wel­cher erst­mals 1589 von Niko­laus Roth unter dem Titel »Cunntz von Kauf­fun­gen. Die his­to­ria von zweyen Jun­gen Hertzo­gen zu Sach­sen« bear­bei­tet wurde und bis in die Gegen­wart (zuletzt durch Ralph Oehme »Der Alten­bur­ger Prin­zen­raub«, 2008) immer wie­der Gegen­stand von Bear­bei­tun­gen und neuer lite­ra­ri­scher Werke ist. Seit 2005 bringt die Stadt Alten­burg das Ereig­nis mit den Prin­zen­raub-Fest­spie­len auf die Theaterbühne.

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